Ermittlungen wurden durch Kronzeugenregelung ins Rollen gebracht

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Wien – Nach einem Kartell bei Aufzugsherstellern ist die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) den nächsten möglichen Sündern auf der Spur. Diesmal geht es um angebliche Absprachen im Chemikaliengroßhandel, wobei die BWB bereits gegen einen Konzern beim Kartellgericht einen Geldstrafenantrag – zunächst in noch unbestimmter Höhe – beantragt hat. Gegen ein weiteres Unternehmen, das als Kronzeuge vor der Bundeswettbewerbsbehörde ausgesagt hatte, wurde ein Feststellungsantrag eingebracht. Namen wurden – wie immer in dieser Ermittlungsphase – nicht genannt.

Der Kronzeuge, dem wegen seiner Kooperation mit der BWB Straffreiheit gewährt wurde, hatte sich Ende Dezember 2006 an die BWB gewandt und die Kartellabsprachen im Bereich des Großhandels mit Industriechemikalien offengelegt. Die BWB hat daraufhin umfangreiche Ermittlungen durchgeführt und nach deren erfolgreichem Abschluss nun einen Antrag auf Geldstrafen beim Kartellgericht beantragt. "Nach dem Aufzugskartell ist das nun ein weiterer Kronzeugenfall, weitere sind im Ermittlungsstadium", betont Stefan Keznickl, der Sprecher der Bundeswettbewerbsbehörde, am Montag in einer Aussendung.

Die mutmaßlichen Absprachen betrafen den Vertrieb von Industriechemikalien im Lagergeschäft. Im Einzelnen gehe es um die Aufteilung von Neukunden unter den Kartellteilnehmern sowie die Festsetzung von Verkaufspreisen und den Austausch weiterer wirtschaftlich sensibler Marktinformationen. Die mutmaßlichen Absprachen dauerten von Mitte/Ende der 80er-Jahre bis (zumindest) Ende 2006 und betrafen ganz Österreich, wobei in zwei Regionen Verfolgungsverjährung eingetreten sein dürfte, schreibt die BWB.

Verbraucherinteressen

Die von den Absprachen umfassten Industriechemikalien haben nach den Ermittlungsergebnissen der BWB eine Vielzahl industrieller und gewerblicher Abnehmer. Beipielsweise verwenden Hersteller von bestimmten Lebensmitteln die Chemikalien zur Reinigung von Flaschen oder von Produktionsanlagen. Haben die Hersteller – aufgrund der kartellierten Preise – überhöhte Einstandspreise, werden diese in der Regel an die Verbraucher weitergegeben, führt Keznickl aus. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.12.2007)