Josef Schnitzler hat mir das so erklärt: "Meistens ist das ein Sud, also nur ein paar 1000 Liter. Da dieses Bier lange ausreifte, auch wegen des Abbaues der aliphatischen Alkohole, wurde nie viel darüber gesprochen wann und wo es den besonderen Stoff gab. Nach der offenen Vergärung legen wir gebrühten Doldenhopfen mit der Brühe und Vorderwürze in den Tank vor, auf den wir dann das vergorene Jungbier Sticke oder Doppel - Sticke schlauchen. Diese Bittere aus feinstem Aromahopfen gibt der Nase die richtige Einstellung beim Genuss aus dem Glas."
"Sticke" heißt dieses Bier mit sechs (statt der üblichen 4,7) Prozent Alkoholgehalt, das es beim Uerige dann zum Preis des normalen Alt gibt. Der Name kommt von "Stickum", was aus dem Jiddischen abgeleitet ist und in der örtlichen Mundart für "heimlich, hinter vorgehaltener Hand" steht. Weil der Termin des Sticke-Ausschanks nämlich nicht an die große Glocke gehängt wird, muss man es "stickum" (also hintenherum) "gesteckt" bekommen, wann es kräftigeres und auch geschmacklich stärkeres Bier gibt.
Unter all den Brauereien, die hinter vorgehaltener Hand ein anderes Bier als das übliche ausschenken, ist der Uerige wohl das bekannteste Beispiel. Allerdings macht auch die örtliche Düsseldorfer Konkurrenz Ähnliches: Schlüssel hat ebenfalls ein Sticke, Schumacher das "Latzenbier" und Füchschen ein "Weihnachtsbier". Da ist es dann schon ziemlich offensichtlich, was man da bekommt.
Anders bei den Versuchssuden, die andere Brauereien an - oft nichts ahnende - Bierfreunde ausschenken. Eine Dortmunder Brauerei hatte etwa die Regel, dass vor dem Beginn von Veranstaltungen in ihrem Brauhaus nur Leichtbier gezapft werden durfte - es ist kaum je einem Besucher aufgefallen (mir übrigens auch nicht). Eine Brauerei in Schwechat hat jahrelang ein eigentlich längst vom Markt genommenes Bier als "dunkles Zwickel" in ihrem Brauhaus ausgeschenkt und eine Brauerei in Ottakring liefert Versuchssude gelegentlich in ein Bierlokal auf der Thaliastraße. Welches Bier und welches Lokal? Das erfährt man nur "stickum", wenn man den Braumeister fragt.