Hans Dichands Blog-Double: Philipp Drössler.

Foto: STANDARD/Urban
Wirklich witzig sei es nur ganz am Anfang gewesen, erzählt Philipp Drössler. Um vier Uhr früh scherzen er und ein paar Freunde über Hans Dichands neuen Medienblog. Während die anderen scherzen, setzt sich Drössler zum Computer und beginnt zu schreiben. Zwanzig Minuten später stellen sie den ersten gefälschten Hans-Dichand-Blog online.

Nur einen Tag später ist der Spaß schon wieder vorbei: Hans Dichand weiß von seinem Double und kündigt an, es sofort "auszuforschen und zu zwingen, mit dieser - wie ich glaube - einmaligen verbotenen Handlung aufzuhören". Dieses neckt einstweilen mit Kommentaren gegen das Sicherheitspolizeigesetz und virtuellen Reisetagebüchern aus Talinn, Sarajewo und Lissabon: "Ich muss Ihnen sagen, geneigter Leser, diese Tage hier in Lissabon sind wundervoll."

"Wollte nicht warten, bis er mich findet"

Doch Dichands Macht fürchtet auch der Blogger Drössler. Deshalb outet er sich, auch um sicherzugehen, dass ihm das Original nicht zuvorkommt. Der junge Mann mit den kurzgeschorenen Haaren, dem Kapuzensweater und der Skaterhose, der sich Montagvormittag vor einer kleinen Gruppe Journalisten die Hans-Dichand-Maske vom Kopf zieht, ist 25 Jahre alt, lebt in Wien und ist freier Medienkünstler: "Ich wollte nicht warten, bis er mich findet."

Leicht hätte es der betagte Zeitungsherausgeber ohnehin nicht gehabt. Denn Drössler ging äußerst behutsam vor: Der Medieninhaber des Blogs hansdichand.blogspot.com sitzt in Kalifornien. Drösslers Identität auszuforschen hätte erheblichen Rechercheaufwand erfordert. Zudem habe er sich mit Anwälten beraten und "jegliche Beleidigungen vermieden". Die nächsten Tage werden trotzdem spannend für Drössler. Dichand gilt als klagsfreudig.

Vor dem Medienmenschen Hans Dichand habe er "größten Respekt", streut der "Fälscher" - vielleicht auch deshalb - Rosen. "Mit der Machtperson habe er aber Probleme, Dichand habe einen Einfluss, bei dem man aufpassen müsse", sagt Drössler, der sich über die große Medienaufmerksamkeit wundert: "Der Blog hatte gar nicht so viele Zugriffe."

"Für die anderen Österreicher sprechen"

Wozu dann das Ganze? Dichand vertrete drei Millionen Österreicher täglich, meint Drössler. "Ich wollte ein paar Wochen für die anderen fünf Millionen sprechen."

Unterdessen verkommt das Original dank streitbaren Postern wie "Frau Strudl", "Kwaltinger" oder "Koarl" zum österreichischen Nischenkabarett. Will er deren Identität "ausforschen", kann sich Drössler erst einmal zurücklehnen. Zumal Dichand, der im Jänner seinen 87. Geburtstag feiert, inzwischen auch gegen seinen eigenen Blog vorgeht: Einen Beitrag über Lotto mit der Botschaft, Geld allein mache nicht glücklich, ließ der Multimillionär wieder aus dem Netz nehmen - mutmaßlich wegen Unverständlichkeit. (Doris Priesching/DER STANDARD; Printausgabe, 18.12.2007)