Tina Bahovec erhielt Kärntner Förderpreis für Geisteswissenschaften.

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Die Lebensgeschichten ihrer Großmütter weckten das Interesse von Tina Bahovec. Schon als Kind erkundigte sie sich mit Hingabe nach geschichtlichen Details; historische Romane und Filme taten das Übrige. Sie studierte also Geschichte (und Russisch) an der Universität Wien. Dienstag wurde der Spezialistin für Nationalitäten- und Geschlechterforschung am Institut für Geschichte der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt der Förderungspreis des Landes Kärnten für Geistes- und Sozialwissenschaften verliehen.

Mit ihrem aktuellen Forschungsprojekt habilitiert sie zum Thema "Geschlechter.Grenzen - Grenzkonflikte im Alpen-Adria-Raum aus der Gender Perpektive", mit Schwerpunkten auf dem Kärntner "Abwehrkampf" und der Volksabstimmung. Sie hat bereits umfangreiches Material aus Slowenien und dem südlichen Bundesland mit dem langjährigen Ortstafelstreit zusammengetragen. Unter diesem Gesichtspunkt freut sie sich, "wenn der Preis dazu beiträgt, dass die von mir behandelten Themen mehr Geltung und Anerkennung bekommen". Ohne Gender-Aspekt ist die Nationsforschung aus ihrer Sicht jedenfalls unvollständig.

Die 36-Jährige studiert Frauenorganisationen und ausgewählte -biografien, geschlechterspezifische Propaganda oder Formen der Teilhabe an den Konflikten. In vielen Ideologien weltweit wird Frauen die "biologische und kulturelle Reproduktion" für den Erhalt der Nation zugewiesen. Das heißt: viele Kinder gebären und entsprechende Sprach- und Kulturvermittlung leisten. Auch "Ehre" und "Grenzen" der Nation wurden gerne auf Frauen projiziert, was sich in propagandistischen Zeitungsberichten über systematische Vergewaltigungen oder Dialektgedichten etwa gegen das "Fraternisieren" mit Südslawen und für "einheimische" Beziehungen widerspiegelt.

"Neugierde, Offenheit, Freude an verstaubten Akten, aber auch erzählenden Menschen und Redlichkeit" machen die Arbeit von Tina Bahovec aus. Ebenfalls ins Handgepäck für Historiker müssen Bewältigungsstrategien für die Befassung mit dem 20. Jahrhundert. Die Dreisprachigkeit ermöglicht ihr eine solides Quellen- und Literaturstudium.

Tina Bahovec engagiert sich im Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen und in der Expertenkomission für das Wahlfach Gender Studies. In der Lehre sieht sie sich als "Dienstleisterin" für die Studierenden, bemüht sich, gut erreichbar zu sein, sie zu unterstützen und ihre Veranstaltungen aktuell zu halten, "alles andere wäre auch langweilig", so Bahovec. In ihrer täglichen Arbeit staunt sie, "wie viele Dinge sich durch die Jahrhunderte kaum verändert haben oder sich in nur wenigen Jahrzehnten verändern". Es fasziniert sie, Theorien und Hypothesen an praktischen Beispielen zu erproben, neue Blickwinkel zu finden und im Austausch mit Kollegen die eigenen "blinden Flecken" auszuloten.

Tina Bahovec liebt Katzen. Um von historischen Tatsachen wegzukommen, liest sie Thriller und Science Fiction, geht ins Kino, spielt am Computer und beschäftigt sich mit Musik: passiv und aktiv, Klavier spielend. Ihre Schlagzeugkenntnisse will sie noch vertiefen.

Die Hochzeit mit ihrem Lebensgefährten und der Honeymoon auf die Malediven sind bereits geplant. Kinder sind nicht ausgeschlossen, aber Fragen zur Vereinbarkeit mit dem Beruf sind noch ungeklärt. (Astrid Kuffner/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19. 12. 2007)