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Patricia Petibon

Foto: AP /Stephan Trierenberg

Wien - Bei Patricia Petibon muss man eigentlich alles, was man an Liederabenden gewohnt ist, vergessen. Ein zu allerlei Ulk aufgelegtes, später wie tot am Boden liegendes, dann aber auch wieder tanzendes Faktotum à la Mr. Bean, eine ebenfalls in gespielter Leblosigkeit geräuschvoll auf die Tasten sinkende Pianistin sind zweifellos für den Liedkunst-Normalverbraucher gewöhnungsbedürftig.

Mag sein, dass Patricia Petibon, was ihren Interpretationsstil anbelangt, anderen Traditionen verpflichtet ist als den herkömmlichen. Immerhin arbeitet sie schon seit dem Beginn ihrer Laufbahn mit dem von William Christie geleiteten Ensemble Les Arts florissants, das sich einem historisierenden Interpretationsstil ganz besonders verpflichtet fühlt.

Und nicht umsonst fühlt sie eine solche Affinität zu Nikolaus Harnoncourt und Michael Schade, dass sie und Susan Manoff zum Schluss fast lebensgroße Konterfeis der beiden entrollen und demonstrativ vor sich her tragen.

Patricia Petibon macht die meisten der Lieder zu Gesamtkunstwerken, die auch das Gestische, das Komische und das Groteske miteinbeziehen. Es bleibt bei ihr nicht bei der - bis auf die mitunter ein wenig schrillenden Hochtöne - technisch sicheren Wiedergabe der Noten und des diesen zugrunde liegenden Textes, sondern sie lotet diesen mit bezwingendem Charme auch darstellerisch aus.

Exotisches Programm

Dafür hat Patricia Petibon ein Programm ausgewählt, das für hierzulande geltende Maßstäbe geradezu als exotisch zu bezeichnen ist.

Wer kennt zum Beispiel Manuel Rosenthal, der als Geiger im Moulin Rouge, in Operettenorchestern und in Kinos der Stummfilmzeit spielte und vor vier Jahren 99-jährig starb. Und dennoch schrieb er mit "Le Vieux chameau" (das alte Kamel) ein Chanson, das Patricia Petibon, die charakteristischen Bewegungen des Tieres mit humoristischer Eindringlichkeit imitierend, zu einem in seiner Überzeugungskraft geradezu hinreißendem Minitheater gestaltete.

Natürlich gab es in diesem Programm auch weniger Attraktives wie etwa Aaron Coplands musikalisch nicht sehr ergiebige "Old American Songs", denen nicht einmal Petibons Interpretationskunst zu überdurchschnittlicher Wirksamkeit verhelfen konnte.

Doch nicht nur durch Francis Poulencs "Les Chemins de l'amour" (Die Wege der Liebe) oder Isabelle Aboulkers "Je t'aime" wurde man reichlich entschädigt, sondern auch von Susan Manoffs partnerschaftlicher Mitgestaltung am Klavier voll überzeugt. (Peter Vujica / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.12.2007)