Es entspricht der Wiener Seele, alles, was nicht dem eigenen unmittelbaren Wohlergehen dient, geringzuschätzen: "Wann i, vastehst, was z'reden hätt', i schaffert alles o", legte schon der Dichter Josef Weinheber einem (wenn auch versoffenen) Hauptstädter in den Mund. Die Sorge, zurückgedrängt, übergangen, abgeschafft zu werden, haben die Vertreter der Länder seit den ersten Tagen der Ersten Republik gehegt - und den Bundesrat sicherheitshalber als Vertretung der Regionen in der Verfassung verankert.

Die zentrale Macht des Bundes in Wien hat sich verhalten wie erwartet: Föderalismus lässt man allenfalls dann gelten, wenn Vertreter der Bundesregierung mit den Landeshauptleuten sprechen, von Exekutivorgan zu Exekutivorgan sozusagen. Der Einfluss der Länderkammer aber wurde so weit wie möglich beschnitten - und ihre Exponenten nicht zuletzt durch die von Bundespolitikern mitgetragenen und in immer kürzeren Intervallen aufflammenden Diskussionen um die Existenzberechtigung der Zweiten Kammer des Parlaments lächerlich gemacht.

Dass die Schwächung einer parlamentarischen Einrichtung eine Schwächung des Parlamentarismus und der Demokratie insgesamt ist - und gleichzeitig die Machtbalance weiter hin zur Regierung, also zur Exekutive verschiebt, fällt schon gar nicht mehr auf. Wer meint, der Bundesrat sei zur Abstimmungsmaschine im Sinne der regierenden Parteien verkommen, sollte sich daran erinnern, wie unangenehm es für die Regierung Schüssel war, gegen eine Bundesratsmehrheit zu regieren.

Wer meint, der Bundesrat sei zu schwach, der müsste konsequenterweise den Bundesrat stärken und ein Parlament fordern, in dem der Nationalrat die Gesamtinteressen des Landes und der Bundesrat die Partikularinteressen der Regionen vertritt. (DER STANDARD, Printausgabe, 20.12.2007)