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Bischof Luiz Flávo Cappio

Foto: AP /Eraldo Peres
Niederlage im Kampf gegen ein umstrittenes Flussumleitungsprojekt in Brasilien: Bischof Luiz Flávo Cappio, seit mehr als drei Wochen dagegen im Hungerstreik, musste ins Spital, das oberste Gericht des Landes billigte die Bauarbeiten.

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Es war ein schwarzer Tag für Brasiliens engagierte Basis-Christen: Am Mittwochnachmittag, dem 23. Tag seines Hungerstreiks gegen ein umstrittenes Großprojekt der Regierung, fiel Bischof Luiz Flávio Cappio in Ohnmacht. Stunden später wurde der 61-Jährige in ein Krankenhaus eingeliefert, im Krankenbett verfasste er einen Brief, in der er seine Entscheidung zur Einstellung der Aktion bekanntgab.

Ausgelöst hatten den Zusammenbruch zwei Entscheidungen des Obersten Bundesgerichts im fernen Brasília: Sechs von neun Richtern widerriefen ein zuvor ergangenes Urteil, das einen Baustopp verfügt hatte, und billigten damit die Bauarbeiten für die Flussumleitung des Rio São Francisco.

Nach den Urteilen ordnete Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva an, die Schlichtungsgespräche mit den katholischen Bischöfen und einem Vertrauten Cappios abzubrechen. Damit stieß der frühere Gewerkschafter viele langjährige Mitstreiter vor den Kopf.

„Der Präsident hat sich selbst eine politische Niederlage zugefügt,“ meint Roberto Liebgott, der stellvertretende Vorsitzende des katholischen Indianermissionsrates Cimi. „Ein großer Sieg ist das allerdings für die Oberschicht aus Nordostbrasilien, mit der er sich verbündet hat“.

Zwölf Millionen Menschen in vier Bundesstaaten des Nordostens will Lula mit dem Wasser versorgen, das über zwei Kanäle von 720 Kilometern Länge vom Fluss abgezweigt würde. Kritiker schütteln darüber den Kopf. Profitieren würden vielmehr große Bauunternehmen, Bewässerungsfirmen, Stahlschmelzen, Krabbenzüchter und das exportorientierte Agrobusiness, sagen sie voraus. Bedroht seien hingegen Kleinbauern oder Indianervölker, die von den Bauarbeiten verdrängt würden.

Bischof Cappio, der sich seit 33 Jahren für die armen Anrainer einsetzt, hatte sich bereits 2005 mit einem Hungerstreik gegen das Projekt gewandt. Damals lenkte er nach elf Tagen ein, nachdem die Regierung eine breite Debatte über das Für und Wider des milliardenschweren Vorhabens versprochen hatte.

Bitte an den Papst

Dazu kam es nie. Nun ließ der Präsident über seine Minister Papst Benedikt XVI. bitten, den unbotmäßigen Bischof zur Ordnung zu rufen. „Auch die Medien waren diesmal auffällig zurückhaltend bis regierungsfreundlich“, sagt Thomas Bauer. Als Koordinator der katholischen Landpastorale in Bahia steht der Österreicher ständig in Kontakt mit Cappio. Die Meldungen über ein Ende des Hungerstreiks kämen verfrüht, sagte Bauer dem_Standard am Donnerstag.

Der Bischof habe das Krankenhaus verlassen und werde jetzt mit den Basisorganisationen über das weitere Vorgehen abstimmen. Der Indianeraktivist Roberto Liebgott hat nach dieser Entwicklung nur noch wenig Hoffnung: „Es wird eine bittere Weihnacht.“ (Gerhard Dilger aus Porto Alegre/DER STANDARD, Printausgabe, 21.12.2007)