St. Pölten - Ein Arzt, der in einem niederösterreichischen Spital drei Patientinnen ohne Privatversicherung je 60 Euro pro Visite verrechnet hat, sorgt für heftige Debatten zwischen Ärztekammer und Patientenanwalt. Die Landesklinikenholding versucht, sich aus der Sache herauszuhalten, und hat eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft St. Pölten geschickt. Dort soll entschieden werden, ob der Vorgang strafbar gewesen ist.

Der Mediziner arbeitete im Rahmen eines "Konsulentenvertrags", einer Form von Werkvertrag. Der Arzt soll den drei Damen vorab gesagt haben, dass eine Visite von ihm extra koste.

Dem Standard wurde der Konsulentenvertrag zugespielt. Darin ist in drei Punkten festgehalten, wofür der Mediziner Honorar bekommt. Erstens wird dem Arzt das Operieren an allgemein pflichtversicherten Patienten abgegolten. Darüber hinaus dürfe er "privatversicherten und selbstzahlenden Patienten" ein ärztliches Honorar verrechnen. Und drittens ist keine weitere Vergütung vorgesehen.

Der niederösterreichische Ärztekammer-Präsident Christoph Reisner verteidigt das Vorgehen des Arztes dennoch: "Die Patienten wurden aufgeklärt, dass zusätzliche Interventionen vom eigenen Privatarzt nur dann erfolgen können, wenn diese auch entsprechend honoriert werden, womit die Patienten auch immer einverstanden waren." In einem Interview mit dem ORF hatte Reisner den Vorgang damit verglichen, sich eine Pizza ins Spital zu bestellen. Auch diese sei dann zu bezahlen.

Der Fall ist auch dem niederösterreichischen Patientenanwalt, Gerald Bachinger, bekannt. Er "ärgert" sich über die Ärztekammer, "weil sie nichts macht. Im Gegenteil: Hier werden Patienten verunsichert. Müssen die Menschen nun Angst haben, an einen teuren Arzt zu gelangen?"

Den Vorwurf, Patienten zu verunsichern, weist die Ärztekammer von sich: "Selbstverständlich vertreten Ärzte permanent die Interessen der Patienten", sagt Reisner. Hier würden falsche Ängste geschürt. Die Einstellung von Patientenanwalt Bachinger löse beim Ärztekammer-Präsidenten "Befremden" aus. Die Art von Vertrag, die nun für Aufregung sorgt, wird es ab 1. Jänner 2008, wenn alle Spitäler vom Land betrieben werden, nicht mehr geben. (spri, DER STANDARD - Printausgabe, 21. Dezember 2007)