Wien - Ein freundliches "Dobrý den!" reicht oft schon, um mit einem Gast oder Geschäftspartner aus Tschechien ins Gespräch zu kommen. Über den höflichen Gruß hinaus reicht es bei vielen nicht - und muss es anscheinend auch nicht. Denn obwohl Tschechisch, und Ostsprachen generell, nach dem Beitritt der ehemaligen Ostblockstaaten zur Europäischen Union einen Boom erfuhren, haben die wenigsten Sprachschüler den Anspruch, eine dieser Sprachen perfekt zu beherrschen.

Die meisten, die Tschechisch, Ungarisch oder Russisch lernen, werden von ihren Arbeitgebern, die im Osten tätig sind, in die Sprachkurse geschickt. "Niemand lernt Tschechisch, weil er nur einmal Prag besuchen will", sagt Sylvie Sebelová, die in ihrer Sprachschule in Wien nur Tschechischkurse anbietet. Die meisten ihrer Privatklienten haben einen Bezug zu Tschechien, also Familie, Partner oder zumindest Ahnen von "drüben".

In Jitka Woodhams' Sprachschule "Ahoi Europa Neu", in der ausschließlich Ostsprachen und Deutsch gelehrt werden, ist Tschechisch "ein Dauerbrenner". Seit Bulgarien und Rumänien bei der EU sind, wächst auch das Interesse an diesen Sprachen. Slowenisch hat aber noch niemand nachgefragt.

Diese Erfahrung teilt auch Sonja Winklbauer, Leiterin des Sprachenzentrums der Universität Wien. "Bei kleineren Sprachen reagieren wir auf Nachfrage und bieten dann Kurse an", sagt sie. Slowenisch war noch nicht dabei. Mehr als die Hälfte ihrer Kursteilnehmer sind Studenten, der Rest sind meist Firmenkunden. Vor allem bei jungen Teilnehmern bestehe Interesse an Ostsprachen deshalb, weil sie sich dadurch einen Karrierevorsprung erwarten, sagt Ursula Rettinger, Distriktsleiterin Wien-Ost von der Sprachschule Berlitz. Doch auch Berlitz hat hauptsächlich Firmen als Kunden. "Verhandlungssprache ist meist Deutsch oder Englisch." Die Mitarbeiter wollen neben der lockeren Konversation lernen, wie das Führungsverhalten in den jeweiligen Ländern sei, sagt Rettinger. Andrew O'Brien, Geschäftsführer der Wiener Sprachschule Inlingua, gibt aus diesem Grund mehr Englischkurse denn je. Die am meisten nachgefragte Ostsprache in seinem Institut ist Russisch.

Ausschließlich von Firmenkunden werden bei Jitka Woodhams Slowakisch, Bulgarisch und Türkisch belegt. Die Nachfrage nach Slowakischkursen wuchs erst in den vergangenen zwei Jahren, was die gebürtige Tschechin verwundert. "Slowakisch wäre effizienter, weil es den Grundstein für viele andere slawische Sprachen legt."

Unabhängig voneinander sagen aber alle Kursanbieter: Das Interesse an Ostsprachen kommt in Wellen. (Marijana Miljkovic, DER STANDARD - Printausgabe, 21. Dezember 2007)