Niamey - Sie fliehen vor dem grausamen Tod durch Steinigung: Hunderte Prostituierte aus dem westafrikanischen Niger kamen in den vergangenen Monaten aus dem Nachbarland Nigeria in ihre Heimat zurück. Denn seit Jänner gilt in acht der 36 nigerianischen Bundesstaaten das islamische Recht, die Scharia. Und die verbietet unter schwerer Strafe etwa Alkohol, Glücksspiele und Ehebruch - Prostituierten droht die Steinigung und Dieben das Abhacken von Gliedmaßen. Die drittgrößte Stadt Nigers, Maradi, trifft nach Angaben von Bürgermeister Abdu Liman "Vorkehrungen" für den "massiven Ansturm". Ursprünglich waren die Prostituierten aus Niger zum Geldverdienen in das reichere Nachbarland Nigeria gezogen, mit mehr als 120 Millionen EinwohnerInnen das bevölkerungsreichste Land Afrikas. Nun kommen sie aus Angst um ihr Leben zurück. Keine Scharia im Niger In ihrem Heimatland Niger, das zehn Millionen EinwohnerInnen zählt, droht ihnen diese Gefahr nicht, denn Präsident Mamadou Tandja hat sich gegen die Einführung der Scharia ausgesprochen. Gleichwohl gilt auch in Niger: Frauen in Miniröcken, rauchend oder in Bars und Nachtclubs, sind den moslemischen Gläubigen ein Gräuel und gelten ihnen geradezu als Synonym für Prostitutierte. Die Behörden jedoch reagieren eher mit Verständnis. Die Stadt Maradi etwa hat ein Programm zur Prävention von Aids und Geschlechtskrankheiten entwickelt. Im Zuge dieses Programms wollen sie innerhalb von fünf Monaten alle Prostituierten statistisch erfassen. Durch öffentliche Diskussionsveranstaltungen und Filmvorführungen in den verschiedenen Stadtvierteln soll vor der Gefahr von Aids und Geschlechtskrankheiten gewarnt werden. Dabei spielen kleine Theaterstücke und Laientheater eine wichtige Rolle - sie sind eine in Afrika oft angewandte Strategie im Kampf gegen Aids. "Bestrafung" Bei aller Offenheit und Toleranz von Seiten der Behörden gibt es in der nigrischen Bevölkerung auch erhebliche Vorbehalte gegen die "Karoua", wie die Prostituierten in der afrikanischen Sprache Hausa genannt werden. In der stark islamisch geprägten Stadt Maradi waren in den vergangenen Jahren islamisch-fundamentalistische "Kommandos" unterwegs, um Frauen in Miniröcken und Feministinnen zu "bestrafen", weil sie angeblich den Islam "beschmutzen". (APA)