Leben im Hotel, das bei Vilnius liegt: Manuela Baier.

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Wahrscheinlich muss man in der Abgeschiedenheit des Salzburger Lungaus geboren sein, um sich an diesem Arbeitsort wohlzufühlen: Ein Hotelkomplex mit rundherum Wald, Wiesen und Seen - und sonst nichts. Nur eine Tankstelle befindet sich einen Steinwurf weiter.

Hier arbeitet die 26-jährige Manuela Baier seit zwei Jahren. Sie ist Business Development Manager des Le Meridien und lotst als solche Geschäftsleute und betuchte Touristen in das auch auf Kongresse ausgerichtete Hotel. Es ist Wohn- und Arbeitsplatz in einem, was wegen des Mangels an privater Atmosphäre ein ziemliches Maß an Disziplin erfordert. Disziplin, die sie als Hoteliertochter in die Wiege gelegt bekommen hat.

"Ungewöhnlicher Arbeitsort"

Doch wie kommt man an einen solch abgeschiedenen Ort, der zwar nur eine Viertelstunde von der litauischen Hauptstadt entfernt, trotzdem aber in tiefster Einschicht liegt? - "Die typische Kombination aus Bekannten und Headhunter", erklärt Baier: Nach dem zweijährigen Tourismuskolleg in Klessheim ging sie nach Großbritannien und Holland, um Bakkalaureat, Master und das obligatorische Auslandsjahr zu absolvieren. Kaum war sie fertig, lag da auch schon das Angebot auf dem Tisch, für das neue Hotel (das ein Franchise-Betrieb der Meridien-Kette ist und dem Litauer Ben Brahms mit Londoner Wohnsitz gehört) die Geschäftskundenschiene aufzuziehen.

"Natürlich habe ich mit Freunden diskutiert, ob ich dahin gehen soll. Litauen, das ist auch in unserer Branche ein ungewöhnlicher Arbeitsort", erinnert sich Baier. Sie hat den Schritt nicht bereut: "Wir sind hier eingestellt, um internationale Sichtweise und Know-how ins Unternehmen zu bringen. Viel Eigeninitiative ist gefragt und Vorausdenken. Das ist schön, weil man kann viel bewegen, und man sieht die Entwicklung." Deshalb will sie auch so lange bleiben, "solange es Spaß macht".

Besondere Leidenschaft für Diskobesuchen und Clubbings darf man an diesem Ort nicht haben. Will die Single-Frau das durchaus vorhandene Nachtleben in Vilnius genießen, kann sie mit dem hoteleigenen Shuttlebus ins Zentrum und wieder zurück fahren. Wird es mal später, nimmt sie sich ein Taxi.

Baier spricht Englisch, Französisch, Holländisch - aber nicht Litauisch. Für die gefragte Internationalität des Jobs sei dies auch nicht notwendig, erklärt sie. Aber natürlich leidet darunter der Aufbau von Freundschaften mit den meisten Litauern. "Ich hatte das Glück, einige kennenzulernen, die Englisch sprechen", sagt Baier. "Die haben mir das Land hier nähergebracht."

Zusammenhalt

Dafür ist der Zusammenhalt der ausländischen Community umso enger. In dem kleinen baltischen Land gibt es nur verhältnismäßig wenige Ausländer, die ständig hier leben. Die deutsche Community umfasst vielleicht hundert Personen; die Österreicher in Litauen sind gerade mal elf, zwölf Personen, exklusive der Beschäftigten der Österreichischen Botschaft. In diesen überschaubaren Gruppen lädt man sich gegenseitig ein, oder es gibt geschäftliche und semigeschäftliche Arbeitsessen: "Man kennt sich schnell."

Entgegen kommt Baier das Übermaß an Natur rund um ihren Arbeitsplatz. "Hier kann man noch ohne viele Begrenzungen einfach querfeldein reiten." Auf den vielen Seen rundherum - auch das Hotel hat seinen eigenen kleinen See - wird ausgiebig eisgelaufen, oder im Eis gefischt. Im Sommer wird ebenfalls gefischt oder gebadet. Der nächste Golfplatz ist etwa 40 Kilometer entfernt, und das Hotel hat seine eigene Driving Range. - Der Hotelfachfrau macht es nichts aus, im Hotel zu leben, zu arbeiten und viel Freizeit dort zu verbringen. (ruz, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22./23.12.2007)