Thomas Hillebrand ist seit 2003 Geschäftsführer von Dell Österreich. Davor hatte er unter anderem die Geschäftsführung von Maxdata Österreich inne und betreute als European Account Manager bei Sony die europäischen Kunden im Distributionsbereich.

Dell

"Wir sind noch nicht auf Apple-Niveau, aber es ist schon einmal ein Schritt in die richtige Richtung", sagt Dell Österreich-Chef Thomas Hillebrand im Interview mit dem WebStandard über das Ziel des weltweit zweitgrößten Computerherstellers auch im Consumer-Bereich die Nummer Eins werden zu wollen. "Nächstes Jahr gibt es ganz neue Produkte", bestätigt Hillebrand. Heißt das auch ein Dell-Phone? Das Gespräch führte Zsolt Wilhelm.

derStandard.at: Es war ein turbulentes Jahr für Dell…

Thomas Hillebrand: Es war ein sehr turbulentes Jahr. Wobei Turbulenz teilweise gut ist: Michael Dell ist zurückgekommen.

derStandard.at: Nachdem man weltweit gesehen die Nummer Eins-Position verloren hatte.

Thomas Hillebrand: Das hat uns sehr weh getan.

derStandard.at: Worauf ist das zurückzuführen?

Thomas Hillebrand: Zum Teil auf eine Arroganz des Marktführers und auch auf eine Diversifikation in verschiedene Unternehmensbereiche. Wir wollten vor allem in Amerika stark in das Consumer-Geschäft einsteigen, mit Fernsehern oder PDAs.

derStandard.at: Das hat der Markt nicht so goutiert...

Thomas Hillebrand: Den Fernseher online zu bestellen ist halt eine Herausforderung. Das war die Strategie Kevin Rollins.

derStandard.at: Heißt das, man schwört dem Consumer-Bereich jetzt ab?

Thomas Hillebrand: Nein, wir fokussieren uns jetzt auf den IT-Bereich. Wir konzentrieren uns wieder auf unsere Stärken: Die Produktqualität, die Logistik und das Preisleistungsverhältnis. Wobei beim letzten Punkt der Abstand zur Konkurrenz kleiner geworden ist. Da hat Mark Hurd (Anm.: CEO von Hewlett-Packard) still und heimlich einiges Gutes getan.

Ziel ist es wieder Nummer Eins zu werden. Das gilt auch für den Consumer-Bereich.

derStandard.at: Wie soll das passieren? Sieht man sich die aktuellen IDC-Zahlen für Österreich an, dann kann man zwar insgesamt ein starkes Wachstum verzeichnen, im Consumer-Bereich ist man aber weit ab vom Schuss.

Thomas Hillebrand: Das sieht weltweit sehr ähnlich aus. Im Consumer-Bereich haben wir uns in Channels (Privat, KMU, Business, etc.) aufgestellt und nicht mehr in Regionen. Zusätzlich setzen wir verstärkt auf Design. Eigens dafür wurden Anfang des Jahres 200 Industrie-Designer angestellt. Wir sind noch nicht auf Apple-Niveau, aber es ist schon einmal ein Schritt in die richtige Richtung.

derStandard.at: Auf Cnet war kürzlich eine interessante Analyse zu lesen, wonach jetzt ein guter Zeitpunkt wäre für Dell ,sich vom reinen Unternehmenskonzern zum Consumer-Konzern zu wandeln. Am besten mit der Einführung eines neuen Handhelds… Würden Sie diese Auffassung teilen?

Thomas Hillebrand: Ja, allerdings muss man beachten: Wir machen weltweit gesehen 85 Prozent unseres Umsatzes mit Firmenkunden (Anm.: In Österreich 90 Prozent). Von den Fortune Top 500 Unternehmen sind 95 Prozent unsere Kunden. Das sind wir die Spitzenreiter…

Bei den Endkunden haben wir das Problem, dass wenig Menschen einen Laptop online kaufen. Hier fehlt uns dieses "Touch and Feel". Deshalb sind wir jetzt einige Partnerschaften eingegangen, um das zu ändern – Letztens mit PC World und Dixons. Allein das sind etwa 11.000 Outlets in UK und den nordischen Ländern.

derStandard.at: Consumer-Geschäft ohne Retail ist also kaum denkbar?

Thomas Hillebrand: Die Zeit spräche zwar für unser direktes Modell, nur geht es zu langsam. Man bestellt sich CDs, DVDs, Bücher im Internet, nur bei Investitionen von über 200, 300 Euro will man es dann persönlich sehen und angreifen. Deshalb gehen wir jetzt näher an die Kunden heran.

derStandard.at: Vor Dell waren Sie European Account Manager bei Sony. Waren Sie bei der Eröffnung des neuen Sony-Stores in Wien?

Thomas Hillebrand: Ich habe leider keine Einladung erhalten. Hätte ich vorher davon gewusst, hätte ich mich selbst eingeladen.

derStandard.at: Werden wir in Österreich von Dell selbst auch eigene Geschäfte sehen?

Thomas Hillebrand: Nein. Wir werden unsere Produkte in den Retail-Stores haben. Vielleicht in speziellen Dell-Cornern. Nur eigene Geschäfte werden wir nicht betreiben.

derStandard.at: Wird es eine Image-Initiative geben?

Thomas Hillebrand: Wir starten Anfang 2008 eine millionenschwere Brand-Awareness-Kampagne, um unsere Marke aufzubauen. Das beinhaltet Werbung für neue Produkte, aber auch humorvolle Spots mit Kampfansagen an die Mitbewerber.

derStandard.at: Ist es überhaupt attraktiv in den Consumer-Bereich einzusteigen, bedenkt man den stetigen Preisverfall der Endgeräte und die Schmälerung der Margen?

Thomas Hillebrand: Erstens einmal: Es können andere auch. Und zweitens, sind wir logistisch besser aufgestellt. Wir bauen jedes unserer Geräte on demand. Das hat auch Vorteile in der Arbeit mit dem Einzelhandel.

Bei Sony beispielsweise, musste ich acht Monate im Voraus sagen, wie viel Stück ich von einem kommenden Produkt für Österreich haben möchte. Da stand noch nicht einmal der Preis fest.

Bei Dell können wir durch unser neues Werk in Lodz, Polen, über Nacht auf Kundenwünsche reagieren. Das Lager ist viel kleiner. Deshalb wir es sich für uns rechen.

derStandard.at: Es gibt zurzeit den Trend in Richtung Billig-Laptops. Sei es der Classmate-PC von Intel oder Asus EeePC. Wird man auch auf diesen Zug aufspringen?

Thomas Hillebrand: Es gibt auch in der Automobilbranche Autos um 5.000 Euro, würden Sie sich eines kaufen?

derStandard.at: Für Vielreisende und Studenten hat so ein Laptop schon seinen Charme…

Thomas Hillebrand: Jeder hat seine eigenen Anforderungen und man kann für alles eine Zielgruppe definieren.

derStandard.at: Laut den ersten Verkaufszahlen, scheint der EeePC großen Andrang zu finden…

Thomas Hillebrand: Im Vergleich zum restlichen Notebook-Markt reden wir hier von Zehntelprozenten. Der Markt für die Produkte zwischen Smartphone und Laptop ist beschränkt. Die Leute wollen meiner Meinung nach nicht fünf Geräte zuhause haben.

derStandard.at: Demnach bleibt es beim klassischen 15 Zoll Notebook?

Thomas Hillebrand: Wir reden hier von Preisen zwischen 500 und 800 Euro. Die Billig-Laptops kosten auch 300 bis 400 Euro – der Benefit ist nicht wirklich gegeben. Das wäre anders, kosteten die Geräte tatsächlich 100 Euro… Das wird es aber in nächster Zeit nicht spielen.

derStandard.at: Die Preise gehen insgesamt aber weiter nach unten.

Thomas Hillebrand: Was gut ist für den Konsumenten und natürlich fordernd für die Hersteller. Aber das ist jetzt nichts Neues, das war immer so.

derStandard.at: Weil wir anfangs von Apple sprachen, darf sich ein Dell-Country-Manager ein iPhone kaufen?

Thomas Hillebrand: Ich darf mir kaufen, was ich will.

derStandard.at: Auch als Geschäfts-Handy?

Thomas Hillebrand: Nachdem wir keine eigenen Telefone produzieren... Allerdings glaube ich nicht, dass sich das iPhone als Arbeitsgerät eignet.

derStandard.at: Dell hatte im Februar Ron Garriques, den ehemaligen Mobilfunk-Chef Motorolas, in den Vorstand geholt. Heißt das, wir sehen bald eine Art "Dell-Phone"?

Thomas Hillebrand: Nein, das ist ein Zufall. Wobei wir uns sehr genau ansehen, in welchen Bereichen wir Produkte machen. Wir sind nicht die großen Innovatoren. Aber wenn wir sehen, dass es einen Markt gibt und bereits eine Art Standardisierung eingetreten ist, dann kann das fast jedes IT-Nahe Produkt sein.

derStandard.at: Innovation im kleinen Rahmen…

Thomas Hillebrand: Wir werden nicht alles ändern, aber wir werden neue Produktlinien einführen. Etwa unseren ersten Tablet-PC, der auch über Multitouch-Funktionalität verfügt. Oder die Vostro-Serie für KMU. Die Inspirons haben wir überarbeitet. Da werden nächstes Jahr neue Geräte folgen, die genau in die Design- und Usability-Schiene reinfahren.

derStandard.at: Werden wir elegantere und exklusivere Produkte sehen?

Thomas Hillebrand: Ja. Einerseits, um die Power-User abzudecken – was wir bereits mit Alienware machen. Und andererseits werden unsere 200 neuen Designer frische Chassis bringen.

derStandard.at: Also nicht nur neue Farben…

Thomas Hillebrand: Nächstes Jahr gibt es ganz neue Produkte.

Weiter: "Was wir schon gewusst haben, ist, dass bei einem neuen Software-Release vom Bill die Kunden nicht vor Freude aufspringen werden und zuschlagen"

derStandard.at: Was ist eigentlich mit dem Desktop-PC, stirbt der aus?

Thomas Hillebrand: Meines Erachtens wird er über kurz oder lang verschwinden. Oder einem anderen Gerät weichen.

derStandard.at: Stichwort: "Home Server".

Thomas Hillebrand: Der Stand-PC wird immer mehr zur Zentrale, als Sharing-Device. Ich habe bei Sony diese Entwicklerfantasien damals mitbekommen. Es geht darum, dass man am Schluss nur noch eine Art Display – papierdünn – mit sich trägt und beliebige Inhalte darauf streamt.

Als Arbeitsgerät wird der Laptop immer weiter in den Vordergrund rücken. Auch weil die Preisdifferenz kontinuierlich geringer wird.

derStandard.at: Werden wir von Dell "Windows Home Server"-Produkte sehen?

Thomas Hillebrand: Wir arbeiten sehr eng mit Microsoft zusammen. Vista wurde auf Dell-Rechnern entwickelt. Und die Home Server-Initiative Microsofts ist auch für uns wichtig. Das werden wir gemeinsam vorantreiben.

derStandard.at: Apropos Vista. Was sagen Sie eigentlich zum holprigen Geschäft mit dem neuen Windows? Vor allem Geschäftskunden zeigen sich zaghaft bei der Umstellung.

Thomas Hillebrand: Ich glaube, dass Vista eine sehr interessante Software ist. Im Bereich Consumer.

derStandard.at: Das sagen Sie aber nicht nur, weil Vista die Hardware-Verkäufe vorantreibt?

Thomas Hillebrand: Das war sehrwohl ein Faktor. Hier werden alle Maschinen mit Vista ausgeliefert.

derStandard.at: Zurück zu den Unternehmen…

Thomas Hillebrand: Was wir schon gewusst haben, ist, dass bei einem neuen Software-Release vom Bill (Gates) – so leid es mir tut und so gerne er es hätte – die Kunden nicht vor Freude aufspringen werden und zuschlagen. Die warten ein, zwei oder noch mehr Releases (bzw. Service-Packs) ab.

Für die Unternehmen sind die Mehrwerte, die diese Software für den Endkunden bringt, noch nicht relevant. Viele Leute sind erst vor ein bis drei Jahren erst auf XP umgestiegen.

Es werden alle umsteigen auf Vista, auch, weil sie nicht anders können, aber nicht sofort. Das wird nächstes Jahr erst beginnen und übernächstes Jahr einen Großteil der Leute betreffen. Das hängt aber natürlich immer vom Zyklus des Unternehmens ab.

derStandard.at: Verwenden Sie Vista?

Thomas Hillebrand: Wir sind gerade in der Umstellungsphase. Mein Notebook macht sie gerade heute durch, zumindest macht es die ganze Zeit schon irgendwelche schlimmen Downloads – wir kriegen das zentral eingespielt. Aber wir steigen alle auf Vista um. In den USA ist es bereits passiert, in Europa wird die Umstellung Ende Jänner abgeschlossen.

derStandard.at: Sie meinten, die Kunden hätten keine Alternative. Was ist mit der Linux-Initiative Dells?

Thomas Hillebrand: Natürlich steckt hier ein Potenzial dahinter. Das Problem ist weiterhin die eingeschränkte Kompatibilität mit Windows-Systemen. Bei 95 Prozent Verbreitung kommt man nun mal schwer weg davon.

Wir haben das auch bei Office gesehen. Wir hatten zeitweise StarOffice angeboten. Es hat sich nicht durchgesetzt.

derStandard.at: Aber gerade für Unternehmen könnte Linux aus den Aspekten der Sicherheit und Anpassungsfähigkeit interessant sein. Setzen Sie solche Lösungen zusammen mit Unternehmen um?

Thomas Hillebrand: Wir gehen offen auf Linux-Kunden zu und arbeiten gemeinsam daran. Unsere Expertise auf dem Gebiet ist noch nicht sehr groß, aber wir ziehen für diese Fälle Spezialisten hinzu.

derStandard.at: Zweiter großer Partner von Dell war immer schon Intel. Dann gab es auf einmal AMD-Produkte. Nun ist AMD stark unter Zugzwang geraten, die neuen Barcelona-Chips werden nur langsam ausgerollt. Befürchten Sie, dass es zu einem Wettbewerbssterben kommt?

Thomas Hillebrand: AMD hat vorläufig den Preis- und den Leistungsvorteil verloren. Aber das ist eine Kurve, die auf und ab geht. Auch die werden sich wieder aufrichten und ihre Techniker und Fabriken rund um die Uhr arbeiten lassen, um den Vorsprung aufzuholen.

derStandard.at: Ist es nicht zu spät?

Thomas Hillebrand: Nein. AMD ist zu groß, um einfach vom Markt zu verschwinden. Sie werden wieder Produkte bringen, die nicht nur konkurrenzfähig sind, sondern auch besser.

derStandard.at: Gibt es diesbezüglich konkrete Produktpläne von Dell, die auch umgesetzt werden?

Thomas Hillebrand: Natürlich.

derStandard.at: Betrachten wir den Österreichischen Markt. Das Format titelte kürzlich "Der kleine Dell aus Wien", wenn ich mich recht entsinne. Gemeint war DiTech-Gründer Damian Izdebski. Das Geschäft läuft gut, nun hat man sich entschieden verstärkt eigene Produktschienen zu fahren. Sehen Sie das als Konkurrenz?

Thomas Hillebrand: Österreich ist kein billiges Land. Wenn ich hier produziere, bin ich schon auf der teuren Seite. Wenn ich für den österreichischen Markt produziere, der gerade zwei Prozent des europäischen Marktes ausmacht, dann muss ich entweder ein Nischensegment abdecken, das noch niemand anderer hat oder es macht keinen Sinn.

derStandard.at: Chilli-Green ist erfolgreich.

Thomas Hillebrand: Die sind von den Stückzahlen erfolgreich, fertigen aber auch nicht in Österreich. Das ist alles auch ein bisschen eine Laune der Zeit. Hätte Herrmann Oberlehner (Anm.: Gericom-Chef) rechtzeitig verkauft, wäre er heute ein reicher Mann. In der guten Wirtschaftslage, in der wir uns jetzt befinden, kannst du dich so mittragen lassen und du kannst davon gut leben.

Das wird sich in zwei, drei Jahren ändern und das Wirtschaftshoch wird wieder zurückgehen. Dann wird sich die Spreu vom Weizen trennen. Weltweit und in Europa sehen wir immer weniger von diesen Unternehmen. Ich würde kein Geld in die Aktien dieser Firmen investieren.

derStandard.at: Glauben Sie, wird es in nächster Zeit Konsolidierungen geben?

Thomas Hillebrand: Wir werden keine Produktionsstätten oder Vertriebe aufkaufen.

derStandard.at: Und im Service-Bereich?

Thomas Hillebrand: Hier arbeiten wir schon sehr gut mit einigen Firmen zusammen. Wir arbeiten mit Dritten an maßgeschneiderten Lösungen für unsere Kunden. Das soll jetzt nicht überheblich klingen, aber solche Partnerschaften werden vielen Kleineren helfen, langfristig oben mitzuschwimmen.

derStandard.at: Wie sieht denn Ihr Jahres-Ausblick aus?

Thomas Hillebrand: Die IDC-Zahlen 2007 für Österreich sprechen uns ein zweistelliges Wachstum zu, betrachtet man die Stückzahlen. Wir wachsen schneller als der Markt. Wir waren zwei Quartale die schnellst wachsende Dell-Niederlassung in Europa.

derStandard.at: Worauf ist das zurückzuführen?

Thomas Hillebrand: Nur auf mich. (lacht)

derStandard.at: Oder weil Dell davor noch recht klein in Österreich war…

Thomas Hillebrand: Klar kamen wir von einem anderen Market-Share. Aber was wir anders als andere Units gemacht haben, war schon frühzeitig diesen Kundenbezug aufzubauen. Wir setzen gemeinsam Lösungen um, anstatt nur Produkte zu schieben.

derStandard.at: Können Sie das anhand der Umsatzzahlen festmachen.

Thomas Hillebrand: Dürfen wir nicht.

derStandard.at: Aber Sie sind positiv?

Thomas Hillebrand: Ja, klar. Wenn die Stückzahlen zweistellig wachsen, wächst auch der Revenue.

derStandard.at: Um wie viel?

Thomas Hillebrand: (lacht)

derStandard.at: Vielen Dank für das Gespräch. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 23.12.2007)