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Kardinal Aloisio Lorscheider starb am Sonntag, den 23. Dezember, im Alter von 83 Jahren.
Lorscheider leitete die Verpflichtung zum sozialpolitischen Engagement und zum Einsatz für die Menschenrechte vom christlichen Glauben ab. Während der Militärdiktatur (1964-1985) zwischen 1971 und 1978 war der Franziskaner Präsident der brasilianischen Bischofskonferenz CNBB und zwischen 1976 und 1979 auch Präsident der Lateinamerikanischen Bischofskonferenz CELAM. 1976 wurde der Sohn deutscher Einwanderer von Papst Paul VI. in das Kardinalskollegium aufgenommen. Lorscheider wurde mehrfach mit dem Tode bedroht. Auf sein Haus wurde ein Sprengstoffanschlag verübt.
Verfechter der Menschenrechte
In Brasilien geht Lorscheider als engagierter Verfechter der Menschenrechte in die Geschichte ein. Während der Diktatur setzte er sich für ein Ende der Folterungen der Regimegegner und für die Rückkehr zur Demokratie ein. Mit seiner großen menschlichen Ausstrahlungskraft kämpfte er auch für Landlose, Armen und Häftlinge. Die Leser des Nachrichtenmagazins "Istoe" wählten Lorscheider zu einem der zwölf wichtigsten Brasilianer des 20. Jahrhunderts.
Von konservativen Kirchenkreisen wurde Lorscheider aber auch angefeindet. Er machte kein Hehl daraus, dass er sich als Fürsprecher der in Lateinamerika verbreiteten Theologie der Befreiung ansah. In Lateinamerika gehe es nicht um Unterentwicklung oder Entwicklung, sondern um Freiheit und Unterdrückung. Man habe den Unterdrückten die Stimme geraubt und sie zu Nicht-Menschen erniedrigt, sagte er einmal bei einem Besuch in Deutschland. Die Befreiungstheologie suche das Gespräch zwischen Realität und Glauben.
Mahnbrief des Papstes
Johannes Paul II. schickte ihm 1988 einen Mahnbrief. In einer Instruktion hatte sich die vom heutigen Papst Joseph Ratzinger geleitete Glaubenskongregation bereits 1984 von der Befreiungstheologie distanziert. Darin wurde der Befreiungstheologie vorgeworfen, die christliche Erlösung letztlich mit - oft marxistisch geprägten - sozialrevolutionären Bestrebungen zu identifizieren.
Im September desselben Jahres begleitete Lorscheider zusammen mit Kardinal Paulo Evaristo Arns den führenden Vertreter der Befreiungstheologie, Leonardo Boff, zum Disput mit Kardinal Ratzinger nach Rom. Am Ende wurde Boff gemaßregelt und trat aus dem Franziskanerorden aus.