Notfalls gestritten. Niemand in der politischen Elite hat das je klarer erkannt, formuliert und gelebt als der ehemalige ÖVP-Außenminister Alois Mock, Vorkämpfer für Österreichs EU-Integration. Legendär sein Auftritt beim grünen Parteitag vor dem Beitrittsreferendum: Mock wurde (neben SP-Staatssekretärin Brigitte Ederer, heute Siemens-Chefin) ausgebuht, verlacht, verhöhnt, von der „Basis“ wie auch den Partei-„Mandarinen“. Nur Christoph Chorherr, Monika Langthaler und der noch ganz „frische“ Alexander Van der Bellen ergriffen für ihn Partei.
Ein Jahrzehnt später lernen wir aus einer Studie der Gesellschaft für Europapolitik: Noch immer gibt es in der Bevölkerung eine Zweidrittelmehrheit pro EU. Aber die Polarisierung nimmt zu. 91 Prozent (!) der Grünen-Sympathisanten sind nun dezidiert für die EU-Mitgliedschaft, weit vor jenen der ÖVP und der SPÖ. Eine klare Mehrheit von FPÖ- und BZÖ-Wählern will den Austritt Österreichs aus der Union. Auffällig: Es sind vor allem die Älteren, die schlechter Ausgebildeten, die ärmeren Schichten, die stark gegen „die EU“ sind – jene, die durch schärferen Wettbewerb mehr leiden als Bessergestellte. Darüber soll man sich nicht wundern, schon gar nicht moralisch entrüsten.