Mit einer Zeitschaltuhr kann die Orchidee über den Winter gerettet werden.

Foto: Der Standard

Von den meisten unbemerkt hat sich vor genau einer Woche Wundervolles ereignet: Die Sonne hat ihren Tiefflug beendet und wendet ihre segensreichen Strahlen nun wieder verstärkt der nördlichen Halbkugel zu.

So dürfen das natürlich nur Geozentriker ausdrücken, weil bekanntlich die Neigung der irdischen Ekliptik und nicht der Fixstern selbst dafür verantwortlich ist. Aber egal - es wird ab sofort täglich wieder heller, und das ist rein gärtnerisch betrachtet ein Segen. Bis allerdings die Zimmerpflanzen wieder ausreichend Helligkeit bekommen, dauert es noch eine Weile.

Das ist auch der Grund dafür, dass eine der redaktionellen Lichtgestalten Ihres rosa Lieblingspapiers derzeit mit umwölkter Stirn über Pflanzenratgebern brütet, wenn sie nicht gerade die Belange des Nahen und Mittleren Ostens für die geschätzte Leserschaft mit gnadenloser Röntgenstrahlung durchleuchtet.

Es muss mehr Licht her, wurde befunden, und zwar nicht in Bagdad, sondern hier und jetzt, denn es gilt ein Prachtstück von Orchidee über den Wiener Winter zu bringen. Die ist zu groß für die Fensterbank und steht im Altbauwohnungsdämmerschatten. Aber welches Licht möge der Guten wie lange leuchten?

Die Antwort ist simpel: Man verfüge sich in den nächsten Baumarkt, erwerbe eine Zeitschaltuhr sowie eine der Pflanzengröße entsprechende Leuchtstoffröhre und versorge sich gegebenenfalls auch noch mit Verlängerungskabeln. Die Zeituhr wird auf etwa neun Stunden täglich programmiert, und wenn die Orchidee jetzt nicht zu viel Wasser kriegt, wird sie behaglich wochenlang weiterblühen.

Das Wichtigste, was im Falle künstlicher Beleuchtung für Pflanzen zu beachten ist, ist die sogenannte Lichtfarbe: Zu viel Rotanteil fördert ein ungesundes Wachstum. Die Pflanze treibt zwar mächtig aus, doch sie "vergeilt" und schwächt ab.

Herkömmliche Glühbirnen produzieren exakt diese für Grünzeug ungesunde Lichtfarbmischung, weshalb all jene, die in vergangenen Wintern bereits mehrere Lieblingspflanzen solchermaßen vernichtet haben, in ihrer Bangigkeit sündig teure Spezial-Pflanzenbeleuchtungskörper erwerben.

Doch das ist nicht notwendig. Billige und wenig Strom fressende Leuchtstoffröhren oder die nach ähnlichem Prinzip funktionierenden Energiesparlampen ab der Lichtfarbe "Neutralweiß" sind genau die rechten Leuchten für besonders geschätzte Zimmergewächse. Denn ihr kaltweißes künstliches Licht ist das dem Sonnenspektrum nächste.

Wer ähnlich wissenschaftlich an die Sache herangehen will wie unsere Orchideenbesitzerin an interirakische Konfliktpotenziale, kann auch Lux-Berechnungen anstellen. So 2000 bis 3000, je nach Pflanzentyp, sollten es schon sein. Wie messen? Einfach: Fotoapparat auf 100 ASA und Blende 4 einstellen, Belichtungsmesser auf ein weißes Papier in Pflanzennähe richten, den Nenner der sich daraus ergebenden Verschlusszeit mit zehn multiplizieren - ergibt die vorherrschende Luxzahl. Also eine Verschlusszeit von 1/200 bedeutet 2000 Lux und ist schon vielversprechend.

Diese Orchidee ist gerettet. Auch, weil Kollegin H. gerade wissenschaftliche Werke vollendet und damit zur Erhellung düsterer Menschheitsgeschichtskapitel nachhaltig beigetragen hat - was ihr erstens die Orchidee und selbstredend multiples Ploppen von Schaumweinkorken eingebracht hat. Und Orchideen lieben nun mal geschredderte Korken als Substrat. (Der Standard/rondo/28/12/2007)