Idee des Jahres: Die Alufelge auf Basis der Kieselalge
Sie sieht aus, als käme sie vom Reißbrett eines gestylten Designstudios, dabei stammt die Alufelge gewissermaßen aus dem Ozean. Und aus den Tiefen der Hirnwindungen von Christian Hamm vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven. Bionik wird die Disziplin genannt, die der Menschheit über Jahrmillionen gesammelte Entwicklungen aus der Evolution nutzbar machen will.

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Und Kieselalgen, auch Diatomeen genannt, sind jene Meeresbewohner von der Größe eines Staubkorns, die sich mit einem äußerst widerstandsfähigen Außenskelett aus Silikat gegen hungrige Mäuler wehren. Ihr Panzer besteht wie eine Käseschachtel aus zwei Hälften, deren kleinere genau in die größere passt. Die Konstruktionsprinzipien für leichte, aber doch sehr stabile Strukturen will Hamm den Algen abkupfern. "Je leichter das gesamte Rad, desto besser die Bodenhaftung des Autos", so der Biologe über den Vorteil von Felgen, die er nach dem Vorbild der Algen konstruiert, und passend feststellt, dass so eine Diatomeen-Felge "auch einfach schick aussieht".

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Gestalter des Jahres: Front
Der Vergleich mit Pippi Langstrumpf passt schon. Erstens kommen die vier Frauen von Front auch aus Schweden und zweitens pfeifen die Designerinnen auf so ziemlich jedes Regelwerk. Die vier okkupieren das immer dichter besiedelte Niemandsland zwischen Design und Kunst wie kein anderes Gestalterstudio und greifen dabei zu Mitteln, die bislang keinem anderen aus der großen Schar der Formenerfinder eingefallen ist.

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Die Liebkinder der internationalen Designszene lassen Mäuse Tapetendekor erknabbern, formen lebensgroße Pferde aus schwarzem Kunststoff zu Trägern von Lampenschirmen und dürfen sich 2007 besonders freuen, da es ein paar mehr ihrer Kreationen in die Produktion schafften. An ihrem letzten großen Streich hätte sich auch Picasso erfreut, denn er war es wohl, der mit seiner Lichtmalerei Pate für die Serie "Sketch Furniture" stand. Die Möbel wirken, als seien sie einfach mit weißem, dickem Filzstift in den Raum gezeichnet worden. Die Bewegungen wurden dabei mit sogenannter Motion Capture Technik eingefroren, die skizzierten Möbel dann in Rapid-Prototyping-Verfahren aus Kunststoff dingfest gemacht.

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Spaßobjekt des Jahres: "Honesty Stamps" von Dominic Wilcox
Eine Liebeserklärung ist nicht jedermanns Sache. Das weiß auch der Brite Dominic Wilcox, dieser Cyrano de Bergerac der Designszene. Wilcox stempelt Liebesgeständnisse à la "In all my life I've never met anyone as beautiful as you" aufs Papier und hilft damit ausgerechnet dem hölzernen Urahnen des Kopierers in Form seiner "Honesty Stamps" zu neuen Design-Ehren.

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Der Sinn hinter den insgesamt elf Stempeln ist es allerdings nicht, dem bis zum Stottern schüchternen Herzbuben die Überwindung abzunehmen, der Allerliebsten sein bebendes Herz auszuschütten, sondern daran zu erinnern, dass solch große Worte viel zu oft ausgesprochen werden, ohne dass sie ernst gemeint seien. Darauf hinzuweisen ist dem Absolventen des Royal College of Art in London offensichtlich eine Herzensangelegenheit. Die Ideen zu den Sprüchen auf den Stempeln stammen nicht von Wilcox allein: Ausgerechnet, oder gerade, seine - immer noch sehr lebendige - Mutter wünschte sich zum Beispiel einen Stempel mit dem Satz: "Ich schwöre beim Grab meiner Mutter, ich tu das nie wieder!"

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Möbel des Jahres: "Carnaby" von Annette Hinterwirth
Früher arbeitete die aus Gmunden stammende Annette Hinterwirth für Brad Pitt. Unter anderem. Für den und viele andere fesche Bertln entwarf sie Set-Designs. Doch im Jahre 2003 kam das Heimweh und die Sehnsucht, ihre Ideen nicht nur in Szene, sondern langfristig in Form zu bringen.

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Das gute Stück "Carnaby", das auf der heurigen Möbelmesse in Mailand als Single- und Doppelliege von Minotti präsentiert und gefeiert wurde, ist ein neuartiger Möbelgeselle in der weiten Welt der Knotzmöbel, der trotz seiner Lässigkeit durchaus klassische Züge aufweist und vor allem durch Features wie Täschchen, Gurte und Zipps zum Newcomer wird. "Carnaby" ist ein Stück mit Rucksackeffekt, es finden sich Plätzchen für Handys, Zigaretten, Fernbedienung und allerlei andere Kramuri, was in seiner durchdachten Machart keinesfalls als überflüssiger Firlefanz stört. Von seinem Wesen erinnert das Stück an eine über die Jahre liebgewonnene Lederjacke. Seine Erfinderin, die in einem Studio im 9. Wiener Bezirk arbeitet, nennt das Möbel auch "City slickers survival sofa".

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Auto des Jahres: Fiat 500
Dreieinhalb Meter lang, keine 1000 Kilogramm schwer. Dazu schaut das Ding noch aus wie der Winnie Pooh der Autowelt. Das formale Enkerl des alten Cinquecento ist nach Ansicht von Motorjournalisten aus 22 Ländern das Auto des Jahres. 33 von ihnen wählten das Schnuckel gar auf Platz eins. Diesem Urteil möchte sich RONDO anschließen, denn selten weht ein derart frisches Lüftchen ins Autodesign wie im vorliegenden Fall der Wiederbelebung des alten Fünfhunderters mit zeitgemäßen Mitteln aus Technik und Design.

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Der Knirps ist dabei weit mehr als eine bloße Retrohülle, sondern eine fesche, liebevolle Neuinterpretation, die auch raumökonomisch hinhaut und mit vielen Auswahlmöglichkeiten an Ausstattungen, Farben etc. überzeugt. In unterm Strich 500.000 Variationsmöglichkeiten soll es den Wagen laut Fiat geben. Außerdem dürfte dieses Wägelchen auch Fiat nach einer Durststrecke dabei helfen, endlich wieder eine kultige Kutsche auf den Boden zu bringen, denn wie lange ist es her, dass man jemand euphorisch berichten hörte, er habe gerade den neuen Fiat an der Kreuzung erblickt. (maik/Der Standard/rondo/28/12/2007)

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