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Sabine Ladstätter folgt Friedrich Krinzinger in Ephesos als Leiterin nach.

Foto: APA/H. SCHWAIGER
Wien - Die renommierte österreichische archäologische Grabung in Ephesos (Türkei) steht unter neuer Leitung: Die 39-jährige bisherige stellvertretende Direktorin des Instituts für Kulturgeschichte der Antike der Akademie der Wissenschaften (ÖAW), Sabine Ladstätter, wird in dieser Funktion ab kommendem Jahr Friedrich Krinzinger ablösen, was der interimistische Leiter des Österreichischen Archäologischen Institut (ÖAI), Johannes Koder, als "Generationswechsel" bezeichnete. Wissenschaftsminister Johannes Hahn hat Ladstätter bereits als neue Grabungsleiterin ernannt, der türkische Ministerrat muss dem noch zustimmen.

Rechnungshofkritik

Die Neubesetzung der Grabungsleitung steht im Zusammenhang mit der massiven Kritik des Rechnungshofs (RH) am ÖAI. In einem RH-Bericht wurde die regelmäßige Überschuldung des ÖAI und fehlende "Anstrengungen, die Ausgaben zu reduzieren und mit den Einnahmen in Einklang zu bringen", kritisiert. Grund dafür waren vor allem die - wegen Projektausweitungen und ausgefallenen Sponsorengeldern - stark angestiegenen Kosten für die Überdachung zum Schutz der antiken "Hanghäuser" in Ephesos. Bereits nach Bekanntwerden des RH-Rohberichts im Dezember vergangenen Jahres war der damalige ÖAI-Direktor Krinzinger zurückgetreten und Koder interimistisch eingesetzt worden. Nach der diesjährigen Grabungssaison hatte Krinzinger auch die Grabungsleitung zurückgelegt.

Budget

Koder bezeichnet die Situation am ÖAI als "weitgehend bereinigt". Das Defizit - rund 2,7 Mio. Euro - sei durch das Wissenschaftsministerium ausgeglichen, das ÖAI-Budget in den Jahren 2007 und 2008 mit jeweils 1,6 Mio. Euro (ohne Personal) gegenüber 2006 um rund ein Drittel erhöht worden. "Womit wir gerade zurecht kommen", sagte Koder, der die prekäre budgetäre Lage der vergangenen Jahre auf "chronische Unterdotierung" und die Mehrkosten für die Hanghaus-Überdachung verbunden mit dem Ausfall von Sponsorengeldern zurückführt.

Personell wird das rund 30 Mitarbeiter umfassende ÖAI jedenfalls auf neue Beine gestellt. Neu neben Ladstätter ist auch Martin Seyer als Leiter für die kleinere österreichische Grabung im südtürkischen Limyra, dessen Ernennung ebenfalls noch der türkische Ministerrat zustimmen muss. Und die Position des ÖAI-Direktors wird voraussichtlich im Jänner international ausgeschrieben, Koder rechnet Anfang 2009 mit einem Amtsantritt. Die Position für den ÖAI-Chef musste laut Koder neu geschaffen werden. Bisher sei diese Funktion immer als "Nebenjob" ausgeübt worden, Krinzinger etwa war zudem noch Grabungsleiter in Ephesos, Professor für Klassische Archäologie an der Uni Wien und Direktor des Instituts für Kulturgeschichte der Antike der Akademie der Wissenschaften (ÖAW).

Offener Kritikpunkt

Offen ist nach Angaben Koders noch ein vom RH kritisierter Punkt: die verzwickten Besitzverhältnisse von Grundstücken in Selcuk, dem Ort in der Nähe Ephesos, wo auch das österreichische Grabungshaus steht. Weil ausländische Institutionen in der Türkei kein Grundeigentum haben dürfen, war im Grundbuch jahrzehntelang der ÖAI-Gründer und archäologische Ephesos-Pionier Otto Benndorf (1838-1907) eingetragen, erklärte Koder. Vor einigen Jahren sei es gelungen, eine Verzichtserklärung der Erben Benndorfs zu erreichen. Dem türkischen Recht folgend seien im Grundbuch nun Krinzinger und der Wiener Bauunternehmer und langjährige Ephesos-Förderer Adalbert Kallinger eingetragen, "gehalten werden die Grundstücke aber von einer österreichischen Privatstiftung", erklärte Koder. Es gebe auch einen Vertrag zwischen dieser Stiftung und dem ÖAI mit einem "Nutzungsentgelt", das allerdings nie gezahlt worden sei. "Die Stiftung hatte nie materiellen Nutzen aus der Grabung", sagte Koder, nach dessen Angaben die Finanzprokuratur derzeit eine Lösung sucht, wie man diese komplizierte Situation bereinigt.

Das 1898 gegründete ÖAI, eine dem Wissenschaftsministerium nachgeordnete Dienststelle mit Teilrechtsfähigkeit, widmet sich mit zwei Zweigstellen in Griechenland und Ägypten mehreren Grabungen (darunter Ephesos als bekannteste), der Erforschung vergangener Kulturen des griechisch-römischen Kulturkreises im Mittelmeerraum und dem Raum der ehemaligen Donaumonarchie sowie des historischen Erbes der römischen Kultur in Österreich. (APA)