In Deutschland soll das umstrittene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung mit der bisher größten Massen-Verfassungsklage zu Fall gebracht werden. 25.000 Personen sollen sich an der vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung geplanten Klage vor dem Bundesverfassungsgericht beteiligen, teilten die Initiatoren am Donnerstag mit. Bundespräsident Horst Köhler hatte am Mittwochabend mit seiner Unterschrift den Weg für eine Verkündung des Gesetzes freigemacht, das die Speicherung aller Internet- und Telefonverbindungsdaten für sechs Monate vorsieht.

Massenklage werde eingereicht, sobald das Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werde

"Die zwangsweise Totalprotokollierung unserer Telekommunikation ist ein eklatanter Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis und das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung", kritisierte der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung das Gesetz. Die Massenklage werde eingereicht, sobald das Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werde. Dies werde voraussichtlich am 31. Dezember geschehen, wie eine Sprecherin des Bundesanzeigers am Donnerstag der Nachrichtenagentur AP sagte. Damit kann es planmäßig am 1. Jänner in Kraft treten.

Alle Daten

Nach dem neuen Gesetz müssen in Umsetzung europäischen Rechts im neuen Jahr Telekommunikationsunternehmen alle Kommunikationsdaten ihrer Kunden ein halbes Jahr lang für Ermittlungszwecke aufheben. Zugriff darauf haben nur nach einem richterlichen Beschluss Polizei und Staatsanwaltschaft. Das Gesetz soll ausschließlich der Bekämpfung von Terrorismus und schwerer Kriminalität dienen. Gespeichert werden lediglich "Verkehrsdaten" - von welchem Anschluss zu welchem Anschluss wann und wie lange kommuniziert wurde -, aber keine Gesprächsinhalte.

Zahlreiche Organisationen hatten an Köhler appelliert, das Gesetz nicht zu unterzeichnen. Nach dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung äußerten sich auch Verbände von Ärzten, Journalisten und die Bundesrechtsanwaltskammer in diesem Sinne. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sagte im AP-Interview, die gesetzlichen Hürden bei der Vorratsdatenspeicherung seien deutlich niedriger als oft behauptet. Verfassungsklage kündigten auch der FDP-Abgeordnete Jürgen Koppelin und die Humanistische Union an. Köhler sah jedoch "keine durchgreifenden Gründe", die ihn an einer Unterzeichnung des Gesetzes gehindert hätten.

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Auch in Österreich ist in Durchführung einer entsprechenden EU-Richtlinie der Beschluss eines Gesetzes zur Vorratsspeicherung von Internet- und Telefonverbindungsdaten für sechs Monate geplant. Zu den Kritikern der Maßnahme zählt neben Telekomunternehmern und Datenschützern auch Verfassungsgerichtshofspräsident Karl Korinek. Er regte an, vor einer Umsetzung in österreichisches Recht solle der Europäische Gerichtshof (EuGH) prüfen, ob die in der EU-Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen das Menschenrecht auf Privatheit verletzen.(APA/AP)