Im Nahen Osten liegen Wahnsinn und Vernunft eben noch enger beisammen als sonst überall auf der Welt: Während des vergangenen Jahres wechselten einander das Gerede über einen möglichen Krieg zwischen Israel und Syrien mit den Spekulationen über neue Friedensverhandlungen der beiden Länder ab. Hatte Syriens Präsident Bashar al-Assad öffentlich immer wieder Stöckchen geworfen, die, so schien es, auf der Gegenseite nicht aufgehoben wurden, so heißt es jetzt in der meist verlässlichen Haaretz, dass jüngste israelische Kommunikationsversuche via Drittstaaten in Damaskus ins Leere liefen.

Gescheitert ist es allerdings offenbar nicht am prinzipiellen Unwillen, sondern an zwei unversöhnlichen Tagesordnungen: Syrien will nur über die Rückgabe des Golan reden, und Israel über alles andere (das heißt vor allem über die Unterstützung Syriens für Hamas und Hisbollah).

Kein Klacks

Wenn der syrische Vizeaußenminister Faissal al-Mekdad in der Financial Times Deutschland nun sagt, dass eine Einigung zwischen Israel und Syrien quasi fertig auf dem Tisch liege, dann wiederholt er, was auch auf israelischer Seite oft konstatiert wird. Leider manchmal in einem negativen Kontext: Mit Syrien könnte man noch eher einig werden als mit den Palästinensern. Wobei niemand in der israelischen Regierung so tun sollte, als wäre es für sie innenpolitisch ein Klacks, den Golan aufzugeben.

Es wäre übertrieben, Mekdads Interview als Eröffnungsansage für eine neue Runde lesen zu wollen, aber Programmatisches enthält es doch: die Aussage, dass Damaskus bei der Verfolgung seiner nationalen Interessen keine Rücksicht auf Iran, Hamas und Hisbollah nehmen wird. Sonst hätte Syrien auch schwerlich am Annapolis-Gipfel teilgenommen. Ein Alleingang, während parallel die palästinensische Schiene zusammenbricht – und das könnte geschehen –, bleibt trotzdem unvorstellbar. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, Printausgabe 28.12.2007)