Kairo - Sie haben Jahrtausende überstanden. Doch mittlerweile schweben die Felsenmalereien in einem abgelegenen Winkel der Sahara in ernsthafter Gefahr. Nicht durch Witterung, sondern durch Touristenströme, die den Weg in die Berge von Gilf Kabir und Jebel Ouenat im Südwesten Ägyptens finden, wo sie die wunderschönen Malereien von prähistorischen Menschen und Tieren besichtigen wollen.

Dramatisches Ausmaß der Schäden

Die meisten Malereien sind 5.000 bis 7.000 Jahre alt und stammen aus einer Zeit, als die Wüste noch eine zurückweichende Prärie war. Die Felskunst liegt im Grenzgebiet von Ägypten, Sudan und Libyen.

Das Ausmaß der Schäden sei dramatisch, klagt der deutsche Archäologe Rudolph Kuper, der die Kunst zu schützen versucht. Manche Leute tropften Wasser oder Öl auf die Malereien, um sie zum Leuchten zu bringen. Der dadurch angerichtete Schaden sei irreparabel.

Gestiegener Bekanntheitsgrad

Bis zu 10.000 Dollar (7.000 Euro) zahlen Touristen für eine zweiwöchige Wüsten-Expedition nach Gilf Kabir, das 500 Kilometer vom nächsten Wohnort entfernt liegt. Hier befindet sich auch die in dem Film "Der englische Patient" berühmt gewordene "Höhle der Schwimmer" mit ihren Höhlenmalereien. Kam in den 80er Jahren nur eine Hand voll Besucher, so sind die Zahlen in den 90er Jahren stetig gestiegen. Viele der Millionen Touristen, die Ägypten besuchen, wollen heute mehr als Sandstrand und Hotel.

2006 kamen laut Kuper rund 800 Touristen zu den Malereien. Dieses Jahr seien es schon mehr als tausend gewesen. Nicht einmal die weltbekannten Hieroglyphen am Meris Rock nordöstlich von Gilf Kabir, die von einer großen Handelsroute quer durch die Wüste im Zeitalter der Pharaonen berichten, sind davon gekommen: Letztes Jahr verschandelte jemand die uralte Schrift mit einem eingemeißelten Bild einer barbusigen Frau.

Müll und Schießübungen

Noch schlimmer ist die Situation in Libyen, wo die sensiblen Malereien von Ain Dua allem Anschein nach von gelangweilten Soldaten beschossen wurden. Ganz in der Nähe türmt sich in einer bemalten Höhle der Müll. Um die Malereien effektiv zu schützen, müssten die zerstrittenen Länder kooperieren.

Kooperation mit Fremdenführern

"Man kann keinen Stacheldraht aufbauen", stellt Kuper nüchtern fest. Stattdessen müssten Fremdenführer und Touristen geschult werden. Auch Saad Ali, ein junger Tour-Anbieter und Leiter einer Umweltorganisation, setzt auf Einsicht. Regelmäßig sammelte er mit seinen Mitstreitern in der Wüste Abfall, und von Jahr zu Jahr wurde es mehr. "Wir haben gemerkt, dass die Fremdenführer aufgeklärt werden müssen", berichtet er.

Seine Rechnung scheint aufzugehen: "Letztes Jahr haben wir 4,5 Tonnen Müll gesammelt. Das Jahr davor waren es noch elf Tonnen", sagt er. Als nächstes will Saad Ali nun die von Kairo aus arbeitenden Fremdenführer ins Gebet zu nehmen. Diese hätten oft keine Ahnung, welchen Schaden sie anrichteten.

Als Weltkulturerbe anerkennen

Polizeikontrollen in dem militärisch sensiblen Grenzgebiet sind derzeit schwierig. Es bleibt jedoch die Hoffnung, dass das Gebiet von der UNESCO als grenzübergreifendes Weltkulturerbe anerkannt wird. Das jedoch würde voraussetzen, dass die drei Länder individuelle Nationalparks ausweisen, was bisher nur Ägypten gemacht hat. Allerdings laufen derzeit gemeinsame Bemühungen zum Schutz der Kunstwerke.

Informationszentrum in Planung

Die ägyptische Umweltbehörde plant unterdessen mit Unterstützung der Antikenverwaltung und dem Archäologen Kuper ein Museum mit Informationszentrum in der Oase von Dakhla, von wo aus die meisten Ausflüge nach Gilf Kabir starten. "Wir hoffen, dass wir unsere Träume in die Tat umsetzen können und in dem Museum das Verhältnis zwischen Mensch und Wüste erklären können", sagt Mustafa Fouda von der Umweltbehörde. Um den Schutz der Wüste und ihrer Kunst solle es gehen. (APA/AFP)