Mehr Politik-Berichterstattung, weniger Politiker-Sprechblasen und international gute Public Value-Werte attestiert die APA-Tochter MediaWatch der ORF-Hauptnachrichtensendung. Die Reform der "Zeit im Bild" im April 2007 hat demnach ein Mehr an Politik, dafür ein Weniger an politischen O-Tönen gebracht. BAWAG, Eurofighter und die Bildungsdebatte waren die dominierenden Themen des Jahres. Das Verhältnis von "hard" und "soft news" blieb durch die "ZiB"-Reform unverändert und entspricht weitgehend den deutschen öffentlich-rechtlichen TV-Nachrichten.

Innen- und Außenpolitik bestimmten 2007 die meistgesehene TV-Nachrichtensendung Österreichs. Von den mehr als 100 Sendestunden entfiel knapp ein Viertel auf die österreichische Politik (24,9 Prozent). Dahinter folgten Berichte zur Weltpolitik mit einem Anteil von 15,1 Prozent. In Summe fokussierte 2007 mit 47 Prozent knapp die Hälfte der Sendezeit der "Zeit im Bild" auf politisches Geschehen. Negative Nachrichten hatten dabei weiterhin einen hohen Stellenwert. Mehr als ein Zehntel der Berichterstattung (11 Prozent) entfallen auf Terror und Kriminalität, mehr als vier Prozent der Sendezeit auf Kriege und internationale Krisen. "Auch die Top-Themen 2007 in der ZiB sind grundsätzlich kontroversiell", so MediaWatch-Research-Leiter Günther Lengauer. In der innenpolitischen Berichterstattung spielte etwa das Parteien-Hick-Hack um Eurofighter, Gesamtschule sowie Asyl- und Fremdenrecht rund um den Fall Zogaj eine bedeutende Rolle.

Mehr Innenpolitik, weniger EU-Berichterstattung

Vergleicht man die Ressort-Verteilung der "ZiB"-Berichterstattung 2007 mit 2006, wird deutlich, dass österreichische Politik das dominierende Ressort blieb und auch ohne große Wahlkämpfe und Wahlgänge noch um drei Prozentpunkte zulegte. An zweiter Stelle landete Weltpolitik, ebenfalls mit einem leichten Plus (+1,4 Prozentpunkte). Während die Berichterstattung zur Kriminalität wegen des BAWAG-Prozesses um fast die Hälfte zunahm und sich die Berichterstattung über Umwelt und Natur (Stichwort Klimawandel) fast vervierfachte, halbierte sich die EU-Berichterstattung. Die Kulturberichterstattung verringerte sich um etwa ein Viertel. Lengauer: "Letzteres ist eine logische Folge des Auflösens des fixen Kulturblockes in der 'Zeit im Bild'. Der Rückgang der EU-Berichterstattung erklärt sich vor allem durch den Wegfall der EU-Präsenz während der österreichischen Ratspräsidentschaft 2006."

Aktivere Rolle der Journalisten

Auf der inhaltlichen Ebene ist die aktivere Rolle der Journalisten in der Berichterstattung die auffallendste Änderung gegenüber der alten ZiB. Dies spiegelt sich auch in der Verteilung der O-Töne wider. Kamen im Jahr 2006 österreichische politische Akteure pro Sendung durchschnittlich für knapp mehr als eine Minute selbst zu Wort (O-Töne), war dies nach der Reform nur mehr für 48 Sekunden pro Sendung der Fall. Das sind um fast 23 Prozent weniger politische Wortspenden. MediaWatch-Geschäftsführer Clemens Pig spricht von einem "generellen Trend in westlichen Mediendemokratien". Es lasse sich eine wachsende Bereitschaft des politischen Journalismus konstatieren, in eine aktive Interpreten- und Analystenrolle zu schlüpfen. Nachrichten werden Journalisten-zentrierter, journalistische Kommentare und Live-Schaltungen zu Korrespondenten nehmen zu.

Mehr "hard news" im öffentlich-rechtlichen TV

Das Nachrichtenmuster der "Zeit im Bild" entspricht in Bezug auf die Verteilung von "hard news" und "soft news" fast exakt dem Muster von "heute", den Abendhauptnachrichten im deutschen öffentlich-rechtlichen ZDF. Der Anteil politischer Berichterstattung ist mit knapp der Hälfte der Sendezeit praktisch identisch. Im deutsch-österreichischen TV-Nachrichten-Vergleich zeigt sich auch ein deutlicher Unterschied zwischen der öffentlich-rechtlichen und privaten Nachrichten-Struktur. Während die öffentlich-rechtlichen Sendungen "hard news" im Sinne von Politik und Wirtschaft in den Mittelpunkt stellen, dominieren etwa beim größten deutschen privaten Anbieter RTL vor allem "soft news" (Chronikales, Kriminalität, Lifestyle, Unfälle/Katastrophen, Gesundheitsthemen).

Das Verhältnis von "hard news" zu "soft news" in Nachrichtensendungen wird in der Fachwelt als ein zentrales Unterscheidungsmerkmal zwischen öffentlich-rechtlichen Sendern und privaten Anbietern definiert, gibt MediaWatch-Chef Pig zu bedenken. "Im Hinblick auf die aktuelle Debatte über den 'Public-Value' des ORF stellt der empirische internationale Vergleich zwischen der 'Zeit im Bild' und deutschen Nachrichtensendungen dem ORF ein positives Zeugnis aus", sagt Pig. Die ORF-Nachrichten entsprächen den öffentlich-rechtlichen in Deutschland und würden sich "deutlich" vom großen Privatsender RTL unterscheiden.

Amon: Nachrichtensendung internationalen Formats

ORF-Fernseh-Chefredakteur Karl Amon zeigte sich über die MediaWatch-Ergebnisse erfreut. "Diese unabhängige Untersuchung zeigt, dass die 'Zeit im Bild' eine Nachrichtensendung internationalen Formats ist. Das Bemühen unsere ORF-Kunden tatsachengetreu, verständlich, umfassend und schnell zu informieren, hat sich bewährt! Auch der professionelle Themenmix passt hundertprozentig", so Amon zur APA. Die "Zeit im Bild"-Reform habe voll gegriffen, zeigte sich auch "ZiB"-Sendungschef Stefan Ströbitzer überzeugt. "Bei anhaltend hoher Publikumsakzeptanz bietet die 'Zeit im Bild' jetzt noch mehr Innen- und Außenpolitikberichterstattung. Dazu Hintergrundberichte und Analysen zu den Top-Themen des Tages. Wir liegen damit voll im Trend internationaler TV-Nachrichtensendungen öffentlich-rechtlichen Zuschnitts." (APA)