Spannend ist allenfalls die Spekulation, welche Brauereigruppe in Zukunft - schon 2008? - mit welcher anderen fusionieren wird: Geht Anheuser-Busch, mit "Bud Light" und "Bud" der Marktführer auf dem US-Markt, eher mit Heineken zusammen oder mit InBev? Lange galt die erste Variante als wahrscheinlicher, inzwischen aber kooperieren Anheuser-Busch und InBev im US-Vertrieb. Und Molson-Coors hat eine Vertriebspartnerschaft mit SAB-Miller. Aber gerade diese Beispiele vom US-Markt zeigen, dass das Wachstum der Giganten nicht unbedingt schlecht für die Biervielfalt sein muss.
Denn je mehr sich die Großen darauf verlegen, Einheitsbier in den Markt zu pumpen, desto mehr sind die Kleinbrauer gefordert, dem etwas entgegenzusetzen: Wenn alle Großen ein helles Lager brauen, macht es für die Kleinen Sinn, genau aus diesem Bereich auszusteigen. Mehr als 1500 kleine amerikanische Brauereien beweisen, dass man in den Nischen sehr gut leben kann, wenn man ein radikal anderes Angebot macht. Nur ganz wenige US- Microbreweries produzieren überhaupt untergärige Biere - und die, die das tun, brauen auch diese Biere radikal anders als den Mainstream. Wenn Victory in Pennsylvania ein "Prima Pilsner" braut, dann kan man sich darauf verlassen, dass dieses hopfiger und pilsiger ist als das, was die Großbrauereien anbieten - manche große deutsche Pilsbrauerei könnte sich ein Vorbild daran nehmen. (Tut natürlich keine der Großbrauereien, weil intensiv schmeckende Biere eben Minderheitenprodukte sind und bleiben.) Wenn Boston Beer Company ("Samuel Adams") ein Oktoberfest-Bier braut, dann ist das gehaltvoller als all das, was unter diese Bezeichnung in München angeboten wird - dafür ist das Oktoberfest- Bier der Amerikaner inzwischen auch das weltweit meist verkaufte des Stils.
Und die Brewpubs leben überhaupt eine Bierkultur und Biervielfalt vor, bei der keine Großbrauerei diesseits oder jenseits des Atlantik mithalten kann. Ehrlich gesagt: Mit derartiger Bierkultur tun sich selbst die Gasthausbrauereien in unseren Breiten schwer. Von denen glauben immer noch die meisten, dass es schon reiche, ein unfiltriertes Helles zu brauen, um als etwas Besonderes gesehen zu werden.
Tatsache ist: Es haben mittelgroße Brauereien (wie Zwettler und Ottakringer) schon längst ihre Zwicklbiere in der Gastronomie etabliert, inzwischen gibt es auch etliche industrielle und großgewerbliche Brauer, die unfiltriertes Flaschenbier anbieten. Wer da als Kleiner bestehen will, muss noch spezieller sein. Und das haben gerade im Jahr 2007 etliche der kleinen und ganz kleinen Brauereien bewiesen. Gerhard Forstner von der Handbrauerei in Kalsdorf etwa hat zuletzt mit belgischen Hefen und mit Wacholder experimentiert. Immer wieder sind in diesem Zusammenhang auch das Siebensternbräu mit seiner Rauchbier- Kompetenz sowie die in stark gehopfte Biere verliebte 1516 Brewing Company zu nennen.
Und Reinhold Barta von der neu gegründeten Brauerei Gusswerk in Salzburg hat sich mit seinem Demeter-Bier vom Start weg in der Bio-Nische etabliert - mit dem "Katharsis" hat er vorgeführt, dass man starke Biere aus alten Getreidesorten zur Marktreife führen kann. Und sie auf dem Markt auch zu Preisen verkaufen kann, bei denen ein kleiner Brauer überleben kann (während große Brauer sich gar nicht trauen würden, solche Preise für ihr Einheitsbier zu verlangen).