Innsbruck – Skitouren sind wie Pilgerwege: hip - und ein zeitgeistiges Massenphänomen. Doch die pure meditative Einkehr, meint Michael Larcher, der Leiter des Referates "Bergsport" beim Österreichischen Alpenverein, sucht kaum einer der fast 800.000 Menschen, die Schnee lieber abseits der präparierten Pisten genießen: "Es geht zwar um das Ausweichen aus einem übertechnisierten Alltag in die Natur. Aber auch um Fitness und Abenteuer." Und der Abschied aus der Hightech-Welt ist ohnehin nur ein scheinbarer: GPS-Navigationsgerät und Lawinenpieps gehören ebenso zur Ausrüstung wie Leichtgewicht-Equipment und Funktionstextilien. "Man nimmt mit, was man hinter sich lassen möchte", analysiert Larcher, "und das ist gut so." Hat aber auch einen Haken: "Die bessere Ausrüstung erhöht die Risikobereitschaft. Das ist ein großes Problem."

Mittlerweile dürften es 600.000 Wintersportler sein, die sich Österreichs Hänge selbst "erarbeiten". Grundlage dieser Zahl ist eine Studie des Sportwissenschafters Roland Bässler. Bässler erhob 1996 eine Kennzahl von 520.000 Tourenskifahrern - und prognostizierte ein Anwachsen um acht Prozent binnen fünf Jahren. Zusätzlich dazu gibt es etwa 200.000 Personen, die als Variantenfahrer oder "Freerider" (Wintersportler, die Lifte und Pisten als "Zubringer" zu ihren Hängen nutzen) gelten. Tendenz: stark steigend. Populärer wird auch das "Touren"-gehen auf Pisten: Liftgesellschaften klagen seit Jahren über liftkartenlose Pistennutzer - und verhängen Nacht-Geh-Verbote, um Unfälle mit den Seilen, an denen Pistenraupen gesichert sind, zu vermeiden.

All diese Zuwächse, betont Larcher, spiegeln sich "off Piste" allerdings nicht in den Opferzahlen wieder: "Die Zahl der Lawinentoten ist über die Jahre mit 26 im Durchschnitt gleich geblieben." Schuld daran ist - auch - die Technik. Und zwar die in den Händen von Profis: Vor allem die Verfügbarkeit von Hubschraubern, so der Alpin-Experte, habe geholfen, die Mortalitätsquote immerhin konstant zu halten.

Was viele Skifahrer da aber ausblenden, sind die Kosten einer Heli-Bergung. Die werden dem Geretteten nämlich verrechnet - und betragen rund 75 Euro. Pro Minute. (Thomas Rottenberg - DER STANDARD PRINTAUSGABE 29.12. 2007)