Überleben in der Lawine funktioniert nach dem Cornflakes-Prinzip: Die voluminösesten Teile bleiben am ehesten an der Oberfläche.

Grafik: abs-airbag.com

München – "Die wichtigste Sicherheitsmaßnahme lautet immer, die Lawine zu vermeiden", doziert Peter Aschauer. "Erst wenn das misslingt, startet das Notfallprogramm. Punkt eins: Die eigene Verschüttung verhindern. Da komme ich ins Spiel."

Natürlich nicht persönlich: Der 65-jährige Münchner stellt Lawinen-Airbags her. Und diese ABS-Lawinen-Airbags gelten derzeit als das einzige Notfall-Tool, das die Verschüttung von Skifahrern verhindern helfen kann: Ein Ruck am Auslöser lässt aus dem Spezialrucksack binnen Sekunden zwei jeweils 75 Liter große Luftkissen wachsen.

Aufgrund des größeren Volumens bei gleichbleibendem Gewicht und dem "Cornflakes-Prinzip" (schüttelt man die Packung, bleiben die größten Flocken oben) hat der von der Lawine erfasste Ski- oder Snowboardfahrer eine realistische Chance, an der Oberfläche der Lawine zu bleiben: Bei 151 dokumentierten "echten" Anwendungen von ABS-Rucksäcken überlebten 149 Skifahrer. 85 Prozent der Benutzer waren zumindest mit dem Kopf über dem Schnee geblieben. Aber auch die übrigen waren sichtbar und konnten von Kameraden sofort geborgen werden.

"Erfunden" wurde der ABS-Rucksack in den 80er-Jahren: Ein Förster entdeckte durch Zufall den Volumen-Trick - und begann danach, mit Kanistern zu experimentieren. Aschauer kaufte das Patent und hat mittlerweile 30.000 Rucksäcke abgesetzt. Dennoch warnt er eindringlich davor, die etwa 700 Euro teuren Geräte als Freibrief oder gar Lebensversicherung zu sehen: "Das Wort ,Sicherheitsausrüstung' führt in die falsche Richtung: Der Rucksack ist ein Hilfsmittel für eine Situation, die es unter allen Umständen zu vermeiden gilt." Schon deshalb, weil "das Gerede vom Überleben in der Lawine den Absturz verniedlicht: Ein 200-Meter-Sturz über einen 35 Grad steilen Hang ist auch ohne Lawine alles andere als lustig." (rott - DER STANDARD PRINTAUSGABE 29.12. 2007)