Jeden Dezember eilen eifrige Bausparer auf die Bank, um sich noch die kleine staatliche Prämie zu sichern. Heuer mischen sich auch Freiberufler und Gewerbetreibende darunter, auf die ein viel größeres Zuckerl wartet. Die neuen Einkommensteuerrichtlinien machen es möglich: Einnahmen- und Ausgabenrechner können erstmals bis zu zehn Prozent ihres prognostizierten Gewinns steuerfrei stellen, wenn sie diesen Betrag noch vor Jahresende investieren – etwa in Computer oder bestimmte Anleihen, die sie dann zumindest vier Jahre halten müssen.

Dieser Freibetrag für investierte Gewinne ist ein Schritt zu mehr Steuergerechtigkeit. Arbeitnehmer haben das fast steuerfreie 13. und 14. Gehalt, Bilanzersteller zahlen seit 2004 nur den halben Steuersatz auf nicht entnommene Gewinne. Freiberufler waren bisher vom 50-Prozent-Grenzsteuersatz voll getroffen – dieser sinkt nun de facto auf 45 Prozent.

Eine lobenswerte Maßnahme, könnte man meinen – in Wirklichkeit aber Ausdruck des Irrsinns, der in unserem Steuersystem herrscht. Wenn die Regierung den Grenzsteuersatz für zu hoch hält, warum senkt sie ihn nicht einfach ab oder hebt zumindest die Einkommensschwelle an, ab welcher er zu zahlen ist? Warum werden Steuerzahler durch künstliche Schlupflöcher vom Staat verleitet, ihr Geld anders anzulegen, als sie es ohne Steueranreiz geplant hätten?

Indem sie die finanzielle Entscheidungen des Einzelnen verzerren, schaden schlecht gestaltete Steuersysteme der Volkswirtschaft – auch in Österreich. Hauptziel der kommenden Steuerreform sollte daher weniger die steuerliche Entlastung sein als eine durchgreifende Vereinfachung. Aber damit lässt sich politisch nicht punkten. Stattdessen wird der Finanzminister wohl wieder neue absurde Konstruktionen erfinden. (Eric Frey, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29./30.12.2007)