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Ivica Kirin, Ex-Innenminister

Foto: AP/Bandic
Die beiden Männer waren erfolgreich. Allerdings musste Kirin nun zurücktreten.
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"Dummheit, Arroganz und Leichtsinn" sind die Worte, die zur Zeit am häufigsten in kroatischen Medien im Zusammenhang mit der sogenannten "Wildschwein-Affäre" zu hören und zu lesen sind. Es geht um die "Weihnachtsjagd" am 22. Dezember im Bilogora-Gebirge in Nordkroatien, bei der siebzehn Wildschweine erschossen wurden.

Die Vergnügungsjagd wurde offenbar vom Bürgermeister der Stadt Virovitica organisiert. Dass neben der lokalen Prominenz auch Innenminister Ivica Kirin eingeladen war, hätte normalerweise kein besonderes Aufsehen erregt, wenn nicht noch ein anderer "Promi" mit dabei gewesen wäre. Noch dazu einer, der eigentlich nicht dabei sein hätte dürfen. Es handelt sich um den Polizeigeneral a. D. Mladen Markac, der im Jahr 2004 vom internationalen Kriegsverbrechertribunal in Den Haag für Verbrechen der kroatischen Polizeieinheiten an serbischen Zivilisten nach der Aktion "Oluja" (der Sturm) in der Krajna im August 1995 angeklagt wurde.

Neben ihm wurde auch einer der Hauptbefehlshaber der kroatischen Armee, Ante Gotovina, mitangeklagt. Während Gotovina sofort nach der Bekanntgabe der Anklage im Juli 2001 untertauchte und erst im Dezember 2005 auf den Kanarischen Inseln gefasst wurde, stellte sich Markac freiwillig. Nach entsprechenden Zusicherungen der kroatischen Regierung erlaubte ihm der Haager Gerichtshof, bis zum Beginn des Prozesses in seinem Wohnort bleiben zu können.

Markac musste sich jede Woche beim Innenministerium melden, und die Polizei hatte das Recht, jederzeit zu überprüfen, ob er sich tatsächlich auf der angemeldeten Adresse befindet. Wenn er seinen Wohnort verließ, musste er über die kroatischen Behörden das Tribunal um eine Genehmigung ersuchen.

Fürs Familienalbum

Doch Markac soll dieses Abmeldeverfahren nicht nur einmal "vergessen" haben. Doch nun wurde er erwischt. Denn die Jagdpartie, mit Innenminister Kirin und dem mutmaßlichen Kriegsverbrecher Markac an der Spitze, wollte nach der erfolgreichen Jagd ein Foto fürs Familienalbum haben. Dies wäre vielleicht in einer Schublade verstaubt, wenn nicht der stolze Bürgermeister von Virovitica den Wunsch gehabt hätte, die Freude über das Erlebnis mit allen kroatischen Bürgern zu teilen und die Fotos an über 80 kroatische Medien zu schicken. Später behauptete der Bürgermeister, die Fotos seien vier Jahre alt. Mittlerweile wurde aber bewiesen, dass sie tatsächlich vom 22. Dezember 2007 stammen. Markac wurde verhaftet und auf Gesuch des Tribunals am Sonntag ins Gefängnis nach Den Haag transferiert.

Kirin hat unter dem gewaltigen Druck der Medien mittlerweile seinen Rücktritt erklärt. Premier Ivo Sanader hingegen schweigt. Er ist momentan mit den Koalitionsverhandlungen beschäftigt, denn bis Mitte Januar muss er dem Parlament, das am 25. November gewählt wurde, sein neues Kabinett vorstellen. (Stjepan Milèic aus Zagreb/DER STANDARD, Printausgabe, 31.12.2007)