Damit soll insbesondere der Straftatbestand präziser definiert und die schwammige Formulierung "Türkentum" gestrichen werden. Außerdem soll festgelegt werden, dass Staatsanwälte Anklagen nach dem neuen Paragrafen nur noch mit Zustimmung des Justizministeriums einleiten dürfen. In der Vergangenheit war die geradezu inflationäre Handhabung wegen angeblicher Beleidigung des Türkentums auch dadurch zustande gekommen, dass eine nationalistische Juristenvereinigung gezielt Strafanzeigen bei rechten Staatsanwälten einreichte und so Prozesse initiierte.
Bekannteste Opfer des "301" waren der spätere Nobelpreisträger Orhan Pamuk, die Schriftstellerin Elif Shafak und der armenischstämmige Publizist und Menschenrechtler Hrant Dink. Dink war einer der wenigen, die auch tatsächlich verurteilt wurden: wegen eines Artikels in der Wochenzeitung Agos zu einem Jahr Haft auf Bewährung. Hrant Dink wurde wenig später, am 19. Januar 2007, auf offener Straße erschossen. Mit dem Prozess wegen Beleidigung des Türkentums war er zum Hassobjekt der faschistischen Rechten geworden.
Der "301" kam vor allem in der Auseinandersetzung um die armenische Frage zum Einsatz. Alle, die von der offiziellen türkischen Geschichtsschreibung abwichen, wurden auf Grundlage dieses Paragrafen vor Gericht gezerrt. Das offizielle Ankara streitet einen Genozid an den Armeniern in der Schlussphase des osmanischen Reiches vehement ab.