"Dreimal kriegen sie eine drüber. Drei Niederlagen, absolut." Adi Pinter sieht für das Nationalteam bei der Europameisterschaft nicht wirklich eine Chance...

Foto: Bauer

...von den eigenen Qualitäten ist Pinter jedoch überzeugt: "Holen Sie mich zu einem Gespräch mit einem Spitzentrainer aus Österreich und Sie werden sehen, wer als Sieger aussteigt."

Foto: Bauer

Er war der "Rote Messias", der "Wunderheiler" und "Hexenmeister": Die Methoden des heute 59-jährigen Adi Pinter als GAK-Trainer beschäftigten Ende der Achtziger Jahre Fußball-Österreich. Aber seine Erfolgsgeschichte war enden wollend und der Name Pinter verschwand in den Neunzigern aus dem Fußball-Geschäft. Heute ist der Steirer als Mentalcoach aktiv, bis Saisonende arbeitet er für Harald Fischl beim Basketball-Bundesligisten Fürstenfeld, vom Fußball träumt er nach wie vor.

derStandard.at: Sie arbeiten seit einigen Wochen als Motivationstrainer mit den Basketballern in Fürstenfeld, sehen Sie schon Fortschritte bei den Panthers?

Pinter: Wenn ich Ihnen jetzt die Reaktion sage, werden Sie sagen „Eigenlob stinkt“. Ich habe festgestellt, dass es sehr gute Einzelkönner gibt aber keine Mannschaft – genau das ist in Teamsportarten aber das Wichtigste. Es geht um positive Bewusstseins bildung, alles beginnt im Kopf.

derStandard.at: Wie oft arbeiten Sie mit den Spielern?

Pinter: Nach Bedarf und mit Absprache mit Headcoach Aaron Mitchell. Aber jedenfalls vor den Spielen und am Beginn hatten wir drei Tage lang ein Basisseminar.

derStandard.at: Wie ist ihr Verhältnis zu Präsident Harald Fischl, Sie hatten ja früher keine besonders hohe Meinung von Politikern.

Pinter: Meine Haltung hat sich nicht geändert, heute sind das meistens Profilneurotiker. Harald kenne ich seit 20 Jahren von Smalltalks. Man muss zwischen Mensch und Politiker differenzieren. Er ist ein Visionär und spannt sich vor den Karren, wenn gezogen werden muss. Ich habe viele Präsidenten kennengelernt, keiner ist so korrekt wie er. Noch nirgends habe ich mein Geld so schnell bekommen, wie in Fürstenfeld. Und er ist sozial kompetent, das gefällt mir.

derStandard.at: Sie sind viel herumgekommen. Fischls FPÖ- und BZÖ-Nähe stört Sie nicht?

Pinter: Wir machen keine Politik. Welche Ideologie glauben Sie hat er?

derStandard.at: Diese Parteien sind nicht immer für ein sehr offenes Weltbild gestanden.

Pinter: Ich auch nicht.

derStandard.at: Ist das etwas Positives?

Pinter: Ja. Wenn man den Menschen die Haut abzieht – und ich habe im Medizinstudium genug Leichen seziert -, sind alle gelb. Ich bin für alle Menschen offen, die sich nach den Gesetzen verhalten und anständig sind. Wenn Sie das nicht sind, bin ich nicht weltoffen, dann mag ich sie nicht. Die Öffnung der Grenzen ist vor allem ein Vorteil für jene Menschen, die sich nicht an die Gesetze halten. Ich hatte nie ein Problem meinen Pass zu zeigen.

derStandard.at: Sie haben mehrfach kundgetan, wieder im Fußball arbeiten zu wollen...

Pinter: Ja. Ich träume vom Fußball, er war mein Leben. Ich habe ja viel Zeit mit Ernst Happel verbracht und konnte einiges von ihm mitnehmen.

derStandard.at: Was hat Happel ausgemacht?

Pinter: Seine Bauernschläue. Was ihn auszeichnete kann man an keiner Schule lernen. Er hatte viele Ideen, auch wenn er sie methodisch oft nicht einordnen konnte. Ein toller Mensch, der auch viel lachen konnte, aber das wissen die Wenigsten.

derStandard.at: Könnte ein Trainer wie Happel heute noch Erfolg haben?

Pinter: Er müsste die Spieler anders behandeln, der dosierte Terrorismus, den er praktiziert hat, würde nicht mehr akzeptiert werden. Die jungen Leute fragen heute viel stärker nach dem Sinn des Tuns.

derStandard.at: Was halten Sie vom modernen Fußball?

Pinter: Er wird immer athletischer, Wald- und Wiesenkicker gibt's nicht mehr. Man lobt Ribery – ich hatte früher beim GAK zwei Riberys. Heute sieht man Produktfußball mit Spielern aus der Retorte, die grätschen wie die Tiere. Das viele Geld ist negativ. Ich habe bei Olympique Marseille 100.000 Mark verdient und habe das verschwiegen – ich habe das für unglaublich gehalten. Heute wirken 100.000 Mark lächerlich. Aber soviel besser kann der Mensch nicht sein.

derStandard.at: Sie werden auf Ihrer Webseite als ehemaliger Cheftrainer von Olympique Marseille bezeichnet – das entspricht aber nicht der Wahrheit.

Pinter: Der Cheftrainer war Gerard Gili. Das ist nicht in Ordnung. Das muss man korrigieren, ich hab das ja nicht gemacht.

derStandard.at: Und der Fußball in Österreich?

Pinter: Man bräuchte eine Ausländerbeschränkung, aber ich weiß natürlich, dass das nicht durchsetzbar ist. Außerdem sollte man ein Halbprofitum einführen und die Besten müssen ins Ausland. Aber das habe ich schon vor 20 Jahren gesagt und man hat mir nicht geglaubt. Bei der EM werden wir dreimal eine drüber kriegen. Ein Instinktfußballer wie Linz darf nicht spielen, weil wir angeblich eine Kontermannschaft sind. Das ist Schwachsinn.

Was in Salzburg passiert, ist eine Bankrott-Erklärung für unseren Fußball, die sind gegen Donezk nach 60 Minuten weggebrochen. Das heißt für mich: entweder sind die Spieler zu alt, oder nicht gut genug trainiert.

derStandard.at: Gibt es konkrete Kontakte zu einem Klub?

Pinter: Ja, aber ich darf dazu nichts Näheres sagen. Es müsste aber alles passen, damit ich einsteige. Viele Vereine schulden mir immer noch Geld, dem Gehalt nachlaufen, das tue ich mir sicher nicht mehr an.

derStandard.at: Sie haben Herrn Trenkwalder sehr gelobt...

Pinter: Er hat gesagt, die österreichischen Trainer seien minderbemittelt. So etwas gefällt mir.

derStandard.at: Aber Trenkwalder war bisher auch nicht dafür bekannt, Junge zu forcieren.

Pinter: Das höre ich zum ersten Mal, das ist dann natürlich eine Katastrophe. Offensichtlich hat er schlechte Berater. Ein uralter saturierter Mählich, wenn ich das schon höre. Den habe ich damals beim Sportklub schon aus charakterlichen Gründen rausgehaut.

derStandard.at: Der war aber in der Zwischenzeit mit Sturm Graz recht erfolgreich.

derStandard.at: Wenn einer menschlich nicht dazu passt, muss er marschieren. Sonst hat man keinen Erfolg.

derStandard.at: Was antworten Sie Leuten, die Sie für einen Scharlatan halten?

Pinter: Glauben Sie das? Wenn das von jemandem behauptet wird, würde ich mir diesen Menschen zuerst ansehen. Die, die das sagen, kennen mich doch nur aus den Medien. Ich war ein Pionier und bin das auch in Fürstenfeld wieder. Und Pioniere, die viel verändern, werden belächelt.

derStandard.at: Und die Sache mit der roten Krawatte damals?

Pinter Was keiner wusste: Ich habe damals einen Schilling pro Zuseher bekommen. Zehn bis 15.000 Schilling pro Spiel – ist das so schlimm? Die haben Wein verkauft, den „Roten Messias“. Ein Schilling pro Flasche und ich trinke nicht einmal Alkohol. Ich kann gar nicht singen, aber die haben mir 50.000 Schilling geboten, dann hab ich reingepiepst, ist mir doch wurscht.

derStandard.at: "Rififi in Rimini" – die haben wir für 25 Euro auf ebay gesehen.

Pinter: (lacht) Das ist ein Witz.

derStandard.at: Gehört haben wir’s nicht.

Pinter: Können Sie sich auch sparen. Aber die Leute wollen eben unterhalten werden. Glauben Sie, ich gewinne die Sacklpicker mit einem philosophischen Vortrag? Aber mit einer roten Krawatte gewinne ich sie, das verstehen die. Die wollen plakative Aktionen. Ich lasse jetzt zum Beispiel spektakuläre Szenen von meinen Spielern bei den Panthers malen und schenke ihnen die Bilder. Das freut die Leute, das vermittelt Anerkennung.

derStandard.at: Wieder einen Fußballklub zu übernehmen, wäre für Sie fachlich also kein Problem?

Pinter: Wissen Sie, was ich im Rahmen meines letzten Fortbildungslehrgang festgestellt habe? Es gibt noch immer zwei Tore, es spielen noch immer 22 Mann. Holen Sie mich zu einem Gespräch mit einem Spitzentrainer aus Österreich und Sie werden sehen, wer als Sieger aussteigt. Ich habe immer schon mehr gewusst als die, die am Werk sind. Wenn das Leute merken, die nichts kapieren, so wie der Kartnig zum Beispiel, werde ich ja schon zum Feindbild, wenn ich nur mit ihnen rede. Außerdem herrscht doch eine Freunderlwirtschaft, da kriegen immer die gleichen Leute einen Job. Ich habe keine Seilschaft, da bekommt man bestimmte Vereine einfach nicht. Aber irgendwer will Meister werden, irgendwer will nicht absteigen und wird mich anrufen.

derStandard.at: Was ist wichtig im Trainergeschäft?

Pinter: Ein Cheftrainer muss aufpassen, dass sich alle gut vertragen. Jeder muss für den anderen da sein. Probleme müssen möglichst früh erkannt und bereinigt werden. Für alles andere hole ich mir Spezialisten.

derStandard.at: Sie wirken sehr selbstbewusst. Keine Selbstzweifel?

Pinter: Nein, warum? Ich lerne, ich bilde mich fort, ich lese viel. Natürlich gibt es Situationen, da denke ich nachher: das war nicht okay. Wenn Sie aus dem Waisenhaus kommen und erreichen, was ich erreicht habe, ist das ein nicht so schlechter Schnitt.

derStandard.at: Was motiviert den Motivator?

Pinter: Ein täglicher Waldlauf. Ich glaube an das Gute und bin überzeugt, ein anständiger Mensch zu sein. Ich habe keine großen Bedürfnisse, ich versuche Menschen zu helfen. (Mit Adi Pinter sprachen Philip Bauer und Michael Robausch – derStandard.at, 9.1. 2008)