Sonntags beschränkte sich das Einkaufsangebot an den Bahnhöfen bisher auf Reiseproviant und Lektüre. Wenn es nach den ÖBB geht, soll sich das bald ändern.

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Wien - Die paar Geschäfte und Buden, die an Bahnhöfen Reiseproviant in Form von Jause und Lektüre anbieten, haben, so sie dürfen (siehe Artikel ), auch am Sonntag bis in die späten Abendstunden geöffnet.

Bei der BahnhofsCity Wien West, die den Wiener Westbahnhof 2011 ablösen soll und wo erstmals in Österreich ein Einkaufszentrum im Bahnhof Platz finden soll - 2013 folgt die Mall am Hauptbahnhof -, haben die ÖBB die deutsche Firma ECE engagiert, aufgrund des Kundenpotenzials einen Branchenmix zu erstellen und diesen Mix zu suchen. Nach ECE-Plan entfallen beispielsweise auf die Lebensmittel nur elf Prozent der Verkaufsfläche, auf Textilien 40 Prozent, auf Gastronomie zehn. Die Verhandlungen über den Betreiber des Supermarktes laufen laut ÖBB noch. 100 Geschäfte werden auf 17.000 Quadratmetern eröffnen. Und obwohl Geschäfte über 80 Quadratmeter am Sonntag nicht aufsperren dürfen: Laut ECE-Sprecher Robert Heidemann haben sich bisher alle potenziellen Shop-Inhaber für die Öffnung am Sonntag ausgesprochen. Eine Meinung, die sie mit ÖBB-Chef Martin Huber teilen, der ebenfalls für die Sonntagsöffnung ist.

"Ernste Konkurrenz"

"Die Bahnhöfe werden eine ernste Konkurrenz. Hier sind Profis am Werk", sagt Peter Schaider, Chef der Shoppingcenter Gasometer und Auhofcenter. Die Kaufkraft stagniere und jede zusätzliche Einkaufsfläche knabbere am Umsatz der bestehenden Zentren. Der neue Westbahnhof werde vor allem der Mariahilfer Straße und der Lugner City zusetzen. "Ein paar Prozent wird er wohl auch uns kosten."

Richard Lugner ist nach der Durchsicht der Pläne anderer Meinung. Er prophezeit dem Projekt Probleme mit fehlenden Parkplätzen und Mietern. Ein H&M etwa sei bereits drei Mal in der Mariahilfer Straße vertreten, ein vierter Standort am Westbahnhof mache wenig Sinn. Selbst für ihn sei es nicht leicht, Ketten, die in der größten Einkaufsstraße der Stadt vertreten sind, in seine City zu holen. Fritz Aichinger, Obmann des Wiener Handels, hat seine Zweifel, dass die Bahnhofs-Shoppingcenter Anklang finden. "Die Leute steigen am Bahnhof in die Züge und sind weg."

Shoppingcenter auch in Wien Mitte

Auch am Bahnhof Wien Mitte soll nach dem Umbau Ende 2011 ein 25.000 Quadratmeter großes Shoppingcenter eröffnen. In dessen Untergeschoss soll unter anderem wieder eine Spar-Filiale einziehen. "Ich gehe davon aus, dass wir auch am Sonntag offen haben werden", sagt Thomas Jakoubek, Geschäftsführer vom Projektentwickler BAI, dem Standard. Das in der Landstraßer Hauptstraße gegenüber dem Bahnhof gelegene Buchgeschäft Thalia ist bereits jetzt täglich von 11 bis 21 Uhr geöffnet. Bis 21 Uhr hat auch der Billa am Franz-Josefs-Bahnhof offen, der an Sonntagen geradezu gestürmt wird. Eine Verkäuferin im benachbarten Bipa sagt: "Am Sonntag ist hier am meisten los."

Ein Satz, der die Unternehmer Lugner, Aichinger und Schaider gewaltig stören dürfte. Sie sind unbeirrt einig, dass der Sonntagseinkauf für den Bahnhof tabu bleiben müsse. Aichinger: "Die ÖBB werden sich hier auf keinen Fall durchsetzen." (mil, spri, vk, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12./13.1.2008)