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Im Visier des Kreml: das British Council (hier in Jekaterin-burg).

Foto: Reuters
Der Streit über die Präsenz des British Council in Russland ist vorläufiger Höhepunkt einer langen Reihe diplomatischer und anderer Konflikte zwischen London und Moskau. Der britische Außenminister fühlt sich an die Zeiten des Kalten Krieges erinnert.

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Zusätzlich zu Georgien, seinem Dauergegner im postsowjetischen Raum, ist Russland mittlerweile ein solcher auch in Westeuropa erwachsen: Der lange diplomatische Konflikt mit dem Vereinigten Königreich eskaliert gegenwärtig im Streit über die Präsenz des britischen Kultur- und Sprachinstituts "British Council" in Russland. Das Pendant zum deutschen Goethe-Institut hat am Donnerstag dem Druck nachgegeben und den Betrieb seiner russischen Regionalbüros in St. Petersburg und Jekaterinburg eingestellt.

Dreißig russische Mitarbeiter des Instituts seien vom russischen Geheimdienst einvernommen worden, sagte Direktor Martin Davidson. Zuvor war auch der britische Leiter der Petersburger Niederlassung vorübergehend festgehalten worden. Außenminister David Miliband fühlte sich durch das "verwerfliche" Verhalten an die Zeiten des Kalten Krieges erinnert. In London wurde der russische Botschafter einbestellt. Einen Abbruch der diplomatischen Beziehungen, wie er 1927 schon einmal der Fall war, schloss der britische Botschafter in Moskau, Anthony Brenton, jedoch aus.

Russland hatte Ende des Vorjahres seine Aufforderung zur Schließung der Institute damit begründet, dass das Institut gegen Steuervorschriften verstoßen und jenseits seiner Kernaufgabe agiert - gemeint: Spionagetätigkeit betrieben - habe. Der Ausgangspunkt des Konflikts liegt freilich tiefer. Selbst Russlands Außenminister Sergej Lawrow konzedierte, dass die jetzige Aktion im Zusammenhang mit der Ausweisung von vier russischen Diplomaten aus Großbritannien im Juni 2007 zu sehen sei.

Der damaligen Eskalation wiederum ging das Tauziehen um die Schuld am spektakulären Gifttod des Ex-Agenten Alexander Litwinenko im Herbst 2006 voraus. Großbritannien ermittelte gegen den russischen Geschäftsmann Andrej Lugowoj und verlangt bis heute dessen Auslieferung. Russland verweigert diese mit verfassungsrechtlichen Gründen und mit der Feststellung, dass nicht ausreichend Beweise vorgelegt worden seien.

Indem Russland seinen Unmut kurzzeitig dadurch äußerte, dass es Bomber nahe an den britischen Luftraum heranfliegen und die Kreml-nahe Jugendgruppe "Naschi" Botschafter Brenton provokativ beschatten ließ, hat es abermals die mediale Imageschlacht verloren. Moskau ist nämlich seinerseits aus nachvollziehbaren Gründen darüber erbost, dass Großbritannien vor allem Boris Beresowski, dem Erzgegner von Präsident Wladimir Putin, und auch zusätzlich noch dem selbsternannten tschetschenischen Emissär Achmed Sakajew Asyl gewährt.

Schon 2006 zeichneten sich die Spannungen ab, als Moskau einen britischen Diplomaten der Spionage bezichtigte. 2007 kam hinzu, dass die britische Ölgesellschaft BP unter dem Druck des russischen Renationalisierungskurses ihre Mehrheitsanteile an einer der größten russischen Gaslagerstätten, dem Kowykta-Feld, an die russische Gasprom abtreten musste. Und um das Wirtschaftsforum in St. Petersburg zu etablieren, ließ der Kreml erstmals das traditionelle russische Wirtschaftsforum in London boykottieren. (Eduard Steiner aus Moskau/DER STANDARD, Printausgabe, 18.1.2008)