Bild nicht mehr verfügbar.

Grafik: APA
Wien - Österreich hebt im Vergleich der 15 "alten" EU-Länder nur geringe Vermögenssteuern ein, belastet aber den Faktor Arbeit überdurchschnittlich stark. Und: Laut OECD ist die Tendenz im Gegensatz zum EU-Durchschnitt steigend. Lohnsteuern und Sozialabgaben machen 40,9 Prozent der Gehaltssumme aus. Gleichzeitig ist Österreich bei der Besteuerung von Vermögen Schlusslicht.

Daher sollten Erbschafts- und Schenkungssteuer nicht wie geplant im heurigen Sommer auslaufen, sondern repariert werden, um Lohnkosten senken zu können. Wifo-Chef Karl Aiginger betonte, dass die Abgabenquote im Fall einer teilweisen Gegenfinanzierung der Steuerreform unter den derzeitigen Wert von 40 Prozent sinken soll.

***

Die Lohnsteuerquote in Österreich ist seit Mitte der 1990er-Jahre fast durchgehend gestiegen – von 38,7 Prozent im Jahr 1995 bis auf 40,9 Prozent 2005. Das heißt: 40,9 Prozent der gesamten Lohn- und Gehaltssumme fallen mittlerweile für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge weg. Gewinne und Kapitaleinkommen hingegen würden zu wenig besteuert, worin Experten im Rahmen einer Erbschaftssteuer-Enquete der Grünen eine Diskrepanz sahen.

Sozialversicherungsbeiträge senken

Andreas Wörgötter von der OECD plädierte am Dienstag dafür, Sozialversicherungsbeiträge für kleine Einkommen zu senken und die Lohnsteuersenkung etwa durch Studiengebühren gegenzufinanzieren. Die Belastung von Arbeit und unternehmerischer Tätigkeit müsse verringert werden, sagte Wörgötter.

Um die Lohnsteuer und die Sozialabgaben zu senken, könnten Vermögen und CO2-Emissionen stärker besteuert werden, argumentiert Karl Aiginger, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo). Das hieße: Beibehaltung der Erbschaftsteuer, eine höhere Grundsteuer, eine Besteuerung von Bewertungsgewinnen und Wertsteigerungen bei Aktien. "Wir wollen in Österreich aber fast vollständig auf Vermögensbesteuerung verzichten", kritisierte Aiginger den für heuer geplanten Fall der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Statt sich mit der durch das Verfassungsgericht festgestellten Ungleichbehandlung von Vermögen und Grundstücken zu beschäftigen, werde die Erbschaft- und Schenkungsteuer einfach gestrichen, so Aiginger.

Das erhöhe allerdings den Druck auf die Lohnsteuertarife: "Mit diesen Einnahmen könnte eine stärkere Entlastung des Faktors Arbeit bei der Steuerreform finanziert werden", sagte der Wifo-Chef.

Österreich hebt im Vergleich der 15 "alten" EU-Länder geringe Vermögensteuern ein. Sie machten zuletzt 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Eine Anhebung auf den Schnitt der EU-15 von 2,1 Prozent des BIP würde rund 4,5 Mrd. Euro bringen.

Regierungsgeheimnis

Für eine Beibehaltung der Erbschaft- und Schenkungsteuer sprach sich auch Grünen-Chef Alexander Van der Bellen aus: "Ein Erbe ist ein leistungsfreies Einkommen. Warum das nicht besteuert werden soll, ist ein Geheimnis der Regierungsparteien." Zudem wies Van der Bellen darauf hin, dass man nicht nur über Steuersenkungen sprechen dürfe, "auf der Strecke bleiben die notwendigen Reformen".

Wifo-Chef Aiginger mahnte weiters zu Einsparungen durch eine Verwaltungsreform vor der Steuersenkung 2010 – schließlich schreibe Österreich trotz Hochkonjunktur immer noch Defizite. So wären etwa die Reduzierung der Sozialabgaben, die Senkung des hohen Eingangssteuersatzes und eine Verringerung des Spitzensteuersatzes für Unselbstständige und Selbstständige in Richtung 40 Prozent leistungsfördernd und attraktiv für den Standort Österreich. (bpf, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.01.2008)