Brüssel - Eine Woche, bevor die EU-Kommission ihr Klima- und Energiepaket präsentiert, ist in der EU-Behörde ein heftiger Streit um den Inhalt ausgebrochen. Dazu treffen täglich bei Kommissionspräsident José Manuel Barroso Briefe von Staatschefs, Ministern und Konzernchefs ein, die auf neue Probleme hinweisen.

Das Paket soll zum einen die Lastverteilung der EU-Klimaziele auf die einzelnen Mitgliedstaaten beinhalten, aber auch die zukünftige Struktur der Energiewirtschaft skizzieren. Umweltkommissar Stavros Dimas hat erst vor zwei Tagen zugegeben, die Auswirkungen der Biosprit-Ziele völlig unterschätzt zu haben: Bis 2020 soll der Biosprit-Anteil den Plänen zufolge am Gesamtverbrauch von derzeit unter vier Prozent auf zehn Prozent steigen. Die dafür notwendigen Mengen muss die EU zu einem großen Teil zukaufen. Vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern werden deswegen weitere Urwälder abgeholzt und Agrarflächen umgewidmet.

Biosprit-Debakel

Dimas will nun Biosprit, der unter solchen umwelt- und sozialpolitisch bedenklichen Bedingungen erzeugt wird, nicht in die EU lassen und hat entsprechende Kriterien bereits in Interviews angekündigt. Das wiederum brachte andere Kommissionsmitglieder "auf die Palme", schildert ein Insider:_Ohne Biosprit aus Indonesien, Afrika oder Südamerika sei das EU-Ziel nicht zu erreichen, heißt es. Und eine Unterscheidung in "guten" und "schlechten" Anbau sei unrealistisch.

Heftige Kritik von Mitgliedstaaten auf dem Briefweg gab es bereits für die Pläne, den Großteil der CO2-Reduktion den wohlhabenderen EU-Staaten (den "alten" EU-15) aufzubürden. Das würde die Kernregion der EU entindustrialisieren, mit allen damit verbundenen Folgen, heißt es aus Deutschland und Frankreich an die Adresse Barrosos. (Michael Moravec, Brüssel, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.01.2008)