Wien - Wiens Börse ist zu Jahresbeginn in den freien Fall übergegangen. Der Börsewert der vom Kursverfall betroffenen heimischen Aktien ist in gut zwei Wochen um mehr als 8 Mrd. Euro geschrumpft. Die Analysten beklagen, dass im bekannt engen Wiener Markt übertrieben werde und Panik da sei. Sie raten, durchzutauchen, denn zum Verkaufen sei es derzeit ohnehin schon viel zu spät.

Nachdem der ATX bereits am gestrigen Dienstag um mehr als 3 Prozent abgefallen war schlitterte der Wiener Leitindex heute, Mittwoch, im Tagesverlauf gar um mehr als 4 Prozent in die Tiefe.

Warnung vor Panikverkäufen

Vor weiteren Panikverkäufen warnen die Analysten am Wiener Platz: Denn angesichts positiver fundamentaler Daten und einer erfreulichen konjunkturellen Lage sehe man insgesamt langfristig wieder Kurssteigerungen entgegen.

"Die derzeitige negative Stimmung ist völlig abgekoppelt von fundamentalen Fakten", so der Chef-Analyst der UniCredit (CA-IB) Alfred Reisenberger. "Die Unternehmensbücher sind gut gefüllt, die fundamentalen Daten gut bis sehr gut zu werten". Als Erklärung für die massiven Kurseinbrüche führt der Experte die Angst vor einem Überschwappen der US-Bankenkrise auf andere Branchen an. Die sich abschwächende US-Konjunktur habe allerdings kaum messbare Folgen, die stärkste Auswirkung sei das "Stimmungsproblem".

Auch Manfred Zourek, Fondsmanager bei der Erste Sparinvest, sieht die Abwärtstendenz des Marktes in der mangelnden Differenzierung der Anleger begründet. "Wir befinden uns in einer Übertreibungsphase. Es wird nicht mehr unterschieden, ob eine Bank, ein Versorger, oder ein Versicherungsunternehmen verkauft wird", so der Experte.

Nachdem die Liquidität am Wiener Markt im internationalen Vergleich relativ gering sei, würden entweder alle Anleger gleichzeitig kaufen oder verkaufen. Da die Wiener Börse verhältnismäßig klein ist, sei bei der vorherrschenden Ausverkaufsstimmung auch niemand da, der wieder aufkaufen würde, so Zourek.

Bankenwerte unter größten Verlierern

Bankenwerte gehören im internationalen Abwärtssog zu den größten Verlieren. Auf der heimischen "Abschussliste" stünden zudem vor allem zyklische Titel, so Reisenberger. Die Papiere von Andritz sind etwa seit Jahresbeginn um mehr als 24 Prozent eingebrochen, voestalpine-Aktien rutschten um knapp 23 Prozent nach unten.

Insgesamt hat die Wiener Börse seit Jahresbeginn 2008 mehr als 14 Prozent an Wert und somit zwischen 8,0 und 8,5 Mrd. Euro an Marktkapitalisierung verloren. Grund zur Panik bereitet das den Experten nicht. "Man muss das langfristig sehen, die Konjunktur und die Unternehmen laufen weiterhin gut", meint Reisenberger. Auch Zourek sieht das Ende der Talfahrt bereits in Reichweite.

"Nerven nicht wegwerfen"

"Man sollte jetzt die Nerven nicht wegwerfen", ist der Ratschlag des Sparinvest-Experten an die noch investierten Anleger. Den Mutigeren legt er bereits ein vorsichtiges Aufstocken ihres Portfolios nahe. Hierbei sei jedoch auf einen Einstieg über mehrere Zeitpunkte zu achten. Reisenberger rät den Investoren dazu, ihre Positionen vor allem zu halten. "Zum Verkaufen ist es bereits viel zu spät", lautet der Tipp des Analysten.

Mit Zukäufen sollte man laut Reisenberger in jedem Fall vorsichtig sein. Als relativ sicher bezeichnete er defensive Werte, wie zum Beispiel Aktien der Post und des Flughafen Wien. (APA)