Sankt Petersburg/Moskau/London - Die Spannungen im britisch-russischen Verhältnis haben sich am Mittwoch weiter zugespitzt. Hintergrund ist ein Streit über die von Moskau angeordnete Schließung von Niederlassungen des British Council. Das Regionalbüro in St. Petersburg schloss am Mittwoch auf unbestimmte Zeit, nachdem die Polizei den Institutsleiter Stephen Kinnock wegen eines Verkehrsverstoßes vorübergehend festgenommen - laut der Nachrichtenagentur Interfax fuhr der Sohn des früheren Chefs der Labour-Partei, Neil Kinnock, betrunken Auto - und der Geheimdienst FSB mehrere Mitarbeiter befragt hatte.

Das British Council stellt seine Arbeit in den zwei russischen Niederlassungen in St. Petersburg und Jekaterinburg bis auf weiteres ein. Russlands "Einschüchterungs-Kampagne" mache die Arbeit "unmöglich", sagte der Chef der Institution, Martin Davidson, am Donnerstag in London. An oberster Stelle stehe die Sicherheit der Mitarbeiter; beide Niederlassungen blieben geschlossen. In Kürze werde der britische Außenminister David Miliband das Unterhaus über das weitere Vorgehen informieren.

Miliband hatte Russland vor Schikanen gegen Mitarbeiter des British Council gewarnt. Jegliche "Einschüchterung und Belästigung" des Institutspersonals sei "vollkommen unannehmbar", sagte er vor der Presse in London im Anschluss an eine Kabinettssitzung. Ein Verbot der Tätigkeit des Instituts schade vor allem dessen russischen Nutzern und falle letztlich auf die Regierung in Russland zurück.

Sicherheit von Angestellten

Das British Council zeigte sich in einer Erklärung tief besorgt. "Unsere Hauptsorge gilt der Sicherheit unserer russischen und britischen Angestellten", hieß es dazu in London. Die Einrichtung hoffe jedoch auf eine baldige Wiedereröffnung des Kulturinstituts. Der FSB, die Nachfolgeorganisation des KGB, erklärte, es sei bei den Gesprächen mit den russischen Angestellten nur darum gegangen, russische Bürger davor zu schützen, zum Spielball der Briten zu werden.

Am Dienstag hatte der britische Botschafter in Moskau, Anthony Brenton, Russland noch gewarnt, dass jedes Vorgehen gegen die Kultureinrichtung der Botschaft ein Verstoß gegen internationales Recht wäre. Die russische Regierung hatte zuvor gedroht, eine Wiedereröffnung der Regionalbüros des British Council nach dem 1. Jänner werde die ohnehin von dem Mordfall Litwinenko belasteten Beziehungen weiter verschlechtern. Die Büros in St. Petersburg und Jekaterinburg öffneten am Montag zunächst ohne Zwischenfall, Moskau sprach aber von einer Provokation und bestellte den Botschafter ein.

Moskau wirft dem British Council vor, die Regionalbüros ohne Erlaubnis zu betreiben. Präsident Wladimir Putin und der FSB-Direktor Nikolai Patruschew hatten sich angesichts der Arbeit ausländischer Organisationen in Russland wiederholt besorgt gezeigt und ihnen vorgeworfen, der Regierung schaden zu wollen. "Die Arbeit des British Councils ist sowohl nach russischem wie auch internationalem Recht völlig legal", entgegnete Miliband in London.

Lugowoi und Beresowski

Seit der Ermordung des früheren Geheimdienstmitarbeiters Alexander Litwinenko mit dem Strahlengift Polonium in London im November 2006 ist das Verhältnis beider Länder schwer belastet. London fordert von Moskau die Auslieferung des Mordverdächtigen Andrej Lugowoi. Russland wiederum verlangt die Überstellung des im Londoner Exil lebenden Kreml-Kritikers Boris Beresowski, gegen den in Moskau mehrere Strafverfahren anhängig sind.

Der russische Geheimdienst beschuldigt das britische Institut seit langem, unter dem Deckmantel der Kulturarbeit russische Studenten durch Stipendien für eine Agententätigkeit anzuwerben. Außenminister Sergej Lawrow gab bereits im Dezember zu, dass der wahre Auslöser die Ausweisung von vier russischen Diplomaten aus Großbritannien im Juni vergangenen Jahres war.

Kalter Krieg und Glasnost

Das British Council hatte 1945 seine Aktivitäten auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion aufgenommen. Doch schon zwei Jahre später war damit im aufkommenden Kalten Krieg Schluss. 1967 erhielt wieder ein Mitarbeiter als Angehöriger der britischen Botschaft eine Akkreditierung, bis 1992 das erste Informationszentrum in Moskau eröffnet wurde.

Derzeit unterhält das British Council noch drei Institute in Russland. Das russische Außenministerium hatte Anfang Dezember die Schließung aller Regionalbüros des British Council ab dem 1. Jänner angeordnet. Als offizielle Gründe nannte Moskau Verstöße gegen Steuervorschriften und Aktivitäten, die außerhalb des offiziellen Aufgabenbereichs des Instituts lagen. Die Zentrale in Moskau darf nach russischen Angaben weiterarbeiten. (APA/AP/dpa)