Wien - Soll Österreich vom Verhältnis- zum Mehrheitswahlrecht wechseln? Die ÖVP sagt klar Ja, Grüne, FPÖ und BZÖ strikt Nein. Und die SPÖ? Sagt laut Klubchef Josef Cap "weder Ja noch Nein" zum VP-Mehrheitswahlrecht-Vorstoß von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein und Umweltminister Josef Pröll.

Die ÖVP fordere es aus "Frustration" über den Verlust von Platz eins bei der Wahl 2006. Auch für Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller "ist das nicht der richtige Weg. Ich bin für eine lebendigere Demokratie." Es war allerdings der nunmehrige SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer, der im Juli 2002 im APA-Interview für ein Mehrheitswahlrecht eintrat: "Ich als Anwalt der direkten Bürgerinteressen sage, es ist besser, die Bürger entscheiden direkt über eine Regierung als über den Umweg von Parteienverhandlungen."

Die Opposition kritisiert die Begehrlichkeiten der ÖVP nach Systemwechsel im Wahlrecht aber scharf. Grünen-Chef Alexander Van der Bellen warf Bartenstein und Pröll vor, "die Opposition kalt ausschalten" zu wollen. "Beide haben offenbar ein Problem mit Kritikern ihrer Politik. Das erinnert an Putin." Van der Bellen fordert von Kanzler Gusenbauer und Vizekanzler Wilhelm Molterer (VP) eine "klare Distanzierung von diesem Versuch, per Verfassung festzuschreiben, dass nur SPÖ oder ÖVP regieren dürfen".

Ein Nein zum ÖVP-Ansinnen nach einem Mehrheitswahlrecht kommt auch von FPÖ und BZÖ. "Was schlägt die ÖVP als Nächstes vor: Ein schwarzer Bundeskanzler auf Lebenszeit?", fragte FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl. "Solche ÖVP-Vorschläge höhlen die Demokratie in Österreich nur noch weiter aus."

Kärntens BZÖ-Landeshauptmann Jörg Haider sieht im VP-Vorstoß "nichts anderes als den Versuch, das schwarz-rote Machtverhältnis zu pragmatisieren". BZÖ-Chef Peter Westenthaler sprach von einem "Demokratieputsch". (bs, nim/DER STANDARD, Printausgabe, 18.1.2008)