Die Kritik am Vorgehen des iranischen Innenministeriums vor den Parlamentswahlen am 14. März kam diesmal unerwartet. Die konservative Zeitung Joumhori Islami kritisierte die Einmischung der Regierung und warnte vor einem Parlament, in dem nur Ja-Sager sitzen.

Die Sorge ist nicht unbegründet. Zum ersten Mal wurden vier verschiedene Ministerien und Organe, unter ihnen die Polizei, vom Innenministerium beauftragt, alle Unterlagen über Kandidaten zu prüfen und an das Innenministerium zu schicken, bevor die letzte Hürde beim Wächterrat genommen wird.

Im Klartext heißt das, dass das Vorleben der Kandidaten genau unter die Lupe genommen wird. Nach Insiderberichten reicht schon ein Strafzettel der Polizei oder eine Mitgliedschaft bei einer Nichtregierungsorganisation (NGO), um einen Kandidaten notfalls von den Wahlen auszuschließen. Dieses Verfahren ist nach Meinung von Joumhori Islami gesetzeswidrig.

Auch vielen ehemaligen Weggefährten von Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad ging diese neue Strategie der Regierung zu weit, und mehrere konservative Parlamentarier weigerten sich, für die Wahlen zu kandidieren. „In den kommenden Wahlen werden Moral und Anstand Opfer der politischen Ziele“, begründete Emad Afrogh, einer der bekannten Ideologen der konservativen Parlamentsmehrheit, seine Weigerung, erneut zu kandidieren. Für die 297 Sitze im Parlament wurden 7262 Kandidaten registriert, weniger als bei allen Wahlen bisher. Unter ihnen sind mehr als 500 Frauen.

Das neue Auswahlverfahren des Innenministeriums kann nun die Kritik am konservativen Wächterrat im Keim ersticken, weil genügend Unterlagen über jeden Kandidaten zu finden sind, um ihn, falls nötig, von den Wahlen auszuschließen. (Amir Loghmany aus Teheran/DER STANDARD, Printausgabe, 19.1.2008)