Wien – Ein Ereignis, ohne Getöse, sondern in aller Stille, begab sich im Mozart-Saal: Ätherisch, zart und fragil erfüllte Klaus Hubers ... à l’âme de marcher sur ses pieds de soie ... den Saal über eine halbe Stunde lang; doch zu fühlen war die Länge nicht. Zu entrückt, zu zeitenthoben ist diese Musik, die tastend einen Gesang von Violoncello und Baryton, dem gambenähnlichen Instrument, das man heute am ehesten noch mit Joseph Haydn in Verbindung bringt, entspinnt und mit den Farben tiefer Streicher im Ensemble verwebt.

Im Zentrum steht ein Countertenor (Kai Wessel), der einen Text des palästinensischen Dichters Mahmoud Darwisch, geschrieben 2002, in deutscher Übersetzung spricht und auf Arabisch singt. Der Schweizer Komponist hat den politisch-humanitären Anspruch der Kunst nie aufgegeben; trägt aber nicht eine Gesinnung vor sich her wie andere "engagierte" Künstler.

Auch hat er zwar arabische Musik studiert und deren Tonsystem in diesem Kammerkonzert bis zu einem gewissen Grad nachgebildet. Dennoch ist er weit davon entfernt, einen exotischen Reiz auszuspielen: Zu sehr hat er sich die arabischen Melismen angeeignet und zugleich eine Fremdartigkeit dieser Musik bewahrt. So vermochte die stille Trauer und Hoffnung, dass die Welt anders sein könne, unmittelbar zu berühren – zumal in der Interpretation durch das Klangforum Wien, die gar nicht erst daran denken ließ, welche Anspannung sie wohl erfordern musste. Ähnlich intensiv gelangen die dunkel-romantisch anmutende Kammermusik IV von Dieter Mack und Hans Zenders Furin No Kyo mit der Sopranistin Angelika Luz.

So meisterlich, wie er als Komponist hier die Linien ineinander übergehen lässt, so behutsam nimmt sich Zender auch als akribischer Dirigent der Werke an: Er scheint die Töne bisweilen mit eigenen Händen zu modellieren und manche Instrumente mitzuspielen, so dass, bei hochkonzentrierter Sinnlichkeit, alles Technische im Dienst atmosphärischer Spannung steht. Ein großer, leiser und dichter Abend, an dem auch Bundespräsident und Gattin ihre Freude zu haben schienen. (Daniel Ender, DER STANDARD/Printausgabe, 19./20.01.2008)