Dass Nick Hornby vorzugsweise Romane über das Kind im Manne schreibt, dürfte dank seiner Werkliste mittlerweile mehr als klar sein. Der Fußballfanatismus von Fever Pitch, der Schallplatten-Sammlerwahnsinn von High Fidelity oder 31 Songs, fortgesetzt im literarischen Listenwesen von Mein Leben als Leser und All You Can Read, schließlich die doch auch ein wenig pubertäre Faszination für Selbstmord in A Long Way Down oder die Verweigerung des Erwachsenwerdens in About A Boy: Diese Bücher belegen dies mehr als nachdrücklich. Sein eine erwachsene Frau in der Midlife-Crisis in den Mittelpunkt stellender Roman How To Be Good (2001) muss deshalb als große Ausnahme im Schaffen des heute 50-jährigen britischen Erfolgsautors angesehen werden. Mit seinem neuen Roman Slam bekennt sich Hornby nun endlich offen dazu, für die immerwährende Weltjugend weißer westlicher Mittelstands-Kids zu schreiben, die nicht und nicht erwachsen werden wollen. Wir haben es nun mit einem deklarierten Jugendbuch für die Generation 14+ zu tun. In seinem neuen Roman versucht der Autor erst gar nicht mehr, ewig juvenile Erfahrungswelten und -horizonte mit dem Deckmantel der Reflexion jenes nur wenig abgeklärten Alterns zu ummanteln, mit dem Hornby selbst zeit seiner schriftstellerischen Laufbahn die größten Probleme zu haben scheint.

Slam und sein jugendlicher 15-jähriger Protagonist Sam blicken hier in einem Roman, dem man nur bedingt das Signum eines Entwicklungsromans zugestehen möchte, nur selten über den Tellerrand der jugendlichen Rechtschaffenheit Richtung jener Charaktervorzüge, die man gemeinhin (oder gemeinerweise) mit Reife gleichstellt: Verantwortung tragen und Fehler eingestehen.

Dass sich Hornby in diesem sich möglicherweise auch nicht rasend verkaufenden Band zudem einmal mehr darauf verlässt, mit einem einzigen Kunstgriff mehr als 300 Seiten lang Interesse für ein Sujet zu heischen: geschenkt! Allerdings mutet es etwas gar billig an, wenn Sam, sein skateboardender Held bei auftretenden Problemen mit dem wirklichen Leben daheim im Jugendzimmer immer wieder in den Dialog mit dem dort aufgepinnten Poster seines Idols tritt. Die US-amerikanische Skater-Legende Tony Hawk und dessen auf Deutsch im Tropen-Verlag vorliegende Autobiografie, Zwischen Board-slides und Burn-out. Tour-Tagebuch, die Sam so oft gelesen hat, dass er sie tatsächlich auswendig herunterbeten kann, müssen immer dann als Hilfestellung herhalten, wenn der von den Fährnissen des Lebens geschüttelte Held Trost und Rat benötigt. Rock 'n' Roll!

Zitat: "Ich rede mit Tony Hawk, und Tony Hawk redet mit mir. Einige von euch, wahrscheinlich dieselben, die auch denken, ich würde auf dem Eis Pirouetten drehen, werden nie von Tony Hawk gehört haben. Schön, ich sag's euch, obwohl ihr den eigentlich kennen müsstet, ehrlich. Wenn man Tony Hawk nicht kennt, ist das so, als würde man Robbie Williams nicht kennen, oder meinetwegen Tony Blair ... Er ist die J. K. Rowling unter den Skatern, der Big Mac, der iPod, die XBox. Für mich gibt es nur eine Entschuldigung, Tony Hawk nicht zu kennen, nämlich, dass man sich nicht für Skaten interessiert ... Vielleicht hatte meine Mum mir darum das Poster gekauft, damit ich jemand anderen zum Reden hatte."

Wenn es also hart auf hart kommt, Sams Freundin ungewollt schwanger wird und Sam sich eine düstere Zukunft als Familienvater ausmalt oder sich der jugendliche Wille zur Aufsässigkeit mit den humorlosen Verhaltensvorgaben der Erwachsenenwelt reibt: Frag nach bei Tony! "Rock 'n' Rolls sind das Fundament, um Balance und Boardkontrolle auf einer Rampe zu bekommen." Alles klar?!

In diversen Interviews meinte Hornby 2007, eigentlich hätte er ursprünglich die Geschichte im Fußballer-Milieu ansiedeln wollen. Allerdings erschien ihm Fußball im Hinblick auf die jugendliche Zielgruppe reichlich "out". Irgendwie scheint er gespürt zu haben, dass diese dichterische Faulheit zur Freiheit nicht wirklich rund läuft. (Christian Schachinger, DER STANDARD/Printausgabe, 19./20.01.2008)