Urs Hefti – Burgschauspieler mit eidgenössischer Ton- und Charakterart.

Foto: Burgtheater / Werner
Wien – Er kam 1986 mit Claus Peymanns "Bochumern" nach Wien: eine Charakterrandfigur innerhalb einer revolutionären Theaterumwälzung. Denn der Schweizer Urs Hefti, aus Klosters gebürtig, nach diversen Kelleretappen seit 1976 unverzichtbarer Bestandteil der von Stuttgart über Bochum nach Wien übersiedelten Peymann-Truppe, war so etwas wie die Wunderkrähe im Aufklärungshorst. Ein gaumig schnatternder Einzelgänger: das störrische Haar zum Gefieder gesträubt, umschmeichelte und umkäuzte er bravourös scheeläugig die Protagonisten der großen Zadek- und Peymann-Arbeiten.

Hefti stach noch als vermeintlich randständige Erscheinung aus jeder Inszenierung hervor. Dann flötete er wie ein lispelnder Paradiesvogel, kratzte mit den Federstrichen eines Raben die Umrisse verstörender Figuren.

Hefti modellierte aus wenig Textmasse je nach Bedarf hochfahrende Einzelgänger oder traumverlorene Verrückte. Wer nie seinen Hofschranzen in Büchners Leonce und Lena gesehen hat (eine Peymann-Übernahme aus Bochum), seine Zadek-Russen in deren süß ausgekosteter Daseinsverzweiflung – der hat sozusagen einen essenziellen Teil der aus den 1970er- und 1980er-Jahren stammenden Theaterkultur verpasst. Damals, als die Aufklärung noch einmal sinnlich wurde, die Sinnlichkeit aber glas- und gedankenklar.

Man hat Hefti – wie auch dessen Burg-Kollegen Fritz Schediwy – hinter vorgehaltener Hand Deklamationsschwächen nachgesagt: mit jener Geringschätzung, die den entscheidenden Gehalt der Schauspielkunst meilenweit verfehlt. In der Burg-Ära Bachler war er völlig unverzichtbarer Bestandtteil eines konkurrenzlosen Ensembles, in dessen sicherer Einbettung Hefti in Jonke-Stücken spielte – oder einen wunderbar kindsköpfigen Teddy Brewster in Arsen und Spitzenhäubchen gab. Jetzt ist Urs Hefti 63-jährig nach kurzer, schwerer Krankheit gestorben. (poh, DER STANDARD/Printausgabe, 22.01.2008)