Ansichtssache: Gerichtszeichnungen von Oliver Schopf

Gerichtszeichnung: Oliver Schopf
Wien – Am Montag, Tag 58 im Bawag-Strafverfahren, ging der zweite Akt eines reichlich absurden Teils des Bawag-Stücks über die Bühne. Auf dem Spielplan: die Causa Gerharter, der berühmte Plastiksackerl-Kredit. Namensgeber ist das Behältnis, in dem Ex-Konsum-Chef Hermann Gerharter Mitte März 2003 etwas mehr als 561.000 Euro aus dem Büro des damaligen Bawag-Chefs, Helmut Elsner, abtransportiert haben will.

Gerharter hat gestanden, diese Summe (die er ein Jahr davor von der Bank kreditiert bekommen hatte, um Gerichtskosten zu bezahlen, ohne seine prall gefüllten Sparbücher antasten zu müssen) als Geschenk angenommen zu haben. Die Frage: Hat Elsner Gerharter den Kredit "erlassen" und so die Bank bewusst geschädigt? Der Untreue angeklagt ist auch Peter Nakowitz. Die Causa wurde vertagt, denn Elsners Anwalt Wolfgang Schubert will beweisen, dass Gerharter die Auszahlung selbst veranlasst hat und der Kredit ordnungsgemäß abgewickelt wurde.

Zur Abrundung der Geschichte: Gerharter spricht nicht von einem "Sackerl", sondern einer "Plastiktasche, wie man sie bei Kongressen bekommt". Die Beschaffenheit des Behältnisses ließ sich auch am Montag nicht klären. Angeklagter Elsner, der Gerharters Darstellungen und das Treffen in seinem Büro vehement bestreitet, konnte auch nichts aufklären, weil er ja "nie Kassier war", daher auch nie Geld ausgezahlt habe.

Diverse Zeugen sahen immer nur einen Teil des Geschehens. Kassier Johann Kain etwa erzählte, dass man das Geld extra bestellen musste und wie es zu Gerharter mäanderte: Kain übergab es einem Kollegen, der es (entweder) einer "diskreten Auszahlung" zuführte oder (das ist ungeklärt) an einen Kollegen weiterreichte, der es wiederum Gerharter gab.

Letzterer behauptet, das Geld in Elsners Büro aufgedrängt bekommen zu haben. Zum Beweis zählte Gerharter "ums Eck gehende Fenster, einen großen Schreibtisch, Bilder und eine tiefe, braune Ledersitzgruppe" auf. Was Elsner nicht gelten ließ, weil "man von unten sieht, dass ich ein Eckbüro hatte und jedes Büro so ausschaut, wie er beschreibt".

Ein Blick der Richterin in Elsners Kalender zeigte, dass ein Termin mit Gerharter am Tag der Geldabholung zumindest eingetragen war. Elsner: "Ich erinnere mich nicht." Ähnlich seine Verantwortung für den Tag der Kreditvereinbarung im Juni 2002: "Ich kann mich nicht erinnern, ob der Termin wirklich stattfand." Dem Einwand der Richterin, dass abgesagte Termine (wie jene mit dem Friseur) ausgestrichen wurden, verdankt die Nachwelt wenigstens eine Erkenntnis: "Dass der Friseur alle 14 Tage um 7.30 Uhr zum Fixtermin zu mir kam", wie Elsner sich erinnert.

Seine Sekretärin, Sandra Rogatsch, dagegen konnte sich in der Gerharter-Causa weder an Gerharter erinnern ("Kenne ihn nur vom Telefon: jammernd, klagend, dass man ihn (beim Konsum, Anm.) so ungerecht behandelt hat", noch an die Pralinen, die er in der zuvor entleerten Plastiktasche retourniert haben will.

Auch Konsum-Abwickler Jan Wiedey (heute Chef von Rest-Konsum-Genossenschaft samt Okay-Märkten) erhellte die Causa kaum: "Ein Geldgeschenk ist mir völlig unbekannt." Er sei davon ausgegangen, dass Elsner von Gerharters Abfertigung (1,2 Mio. Euro) gewusst habe. Und: Er machte Elsners Erinnerungslücken sichtbar. Hatte der bisher ausgesagt, Wiedey nicht zu kennen, erinnert sich Wiedey an ein "sehr freundliches Gespräch mit Elsner im Jahr 2000, in dem er sagte, dass Gerharter sehr ungerecht behandelt werde. Ich habe mich gewundert, dann haben wir uns getrennt." (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.01.2008)