Bild nicht mehr verfügbar.

Microsoft-Gründer Bill Gates präsentiert Windows Vista, am 29 Jänner 2007.

REUTERS/Shannon Stapleton

Robert Lampl, Produktmanager bei Microsoft Österreich im Gespräch mit derStandard.at: "In Summe gesehen hat sich Vista besser verkauft als XP"

Etwa 75 Prozent aller neuen Consumer-Systeme weltweit werden heute bereits mit Windows Vista ausgeliefert, sagt Microsoft-Österreich Produktmanager Robert Lampl im Gespräch mit derStandard.at. "Die Verbreitung Vistas entspricht Microsofts Erwartungen".

Aber wie war das vor gut einem Jahr, am 30.Jänner 2007? Microsoft hatte sein 10-Milliarden-Dollar-Baby im November zuvor an Unternehmenskunden ausgeliefert, nun waren die Privatanwender an der Reihe. Die Euphorie hielt sich in Grenzen, Testberichte zuvor prognostizierten einen holprigen Wechsel aufgrund mangelnder Treiber und überforderter Rechner.

"Wow starts now"

Mit viel Marketingaufwand und IT-Promi-geschwängerten Launch-Events zeigten sich die Führungskräfte des redmonder IT-Konzerns zuversichtlich. "Windows Vista und Office 2007 bringen eine neue Generation in die digitale Welt", pochte CEO Steve Ballmer bei einer Veranstaltung vor seinen Partnern in New York, dem Big Apple. Als wichtigster Unterstützer blies Kevin Rollins, damaliger Chef des Computerherstellers Dell, ins gleiche Rohr und verlautbarte: "Schon am vergangenen Wochenende gab es zehntausende Bestellungen von Systemen mit Windows Vista – die Leute sind aufgeregt!"

Dell hatte allerlei Grund gute Miene zu machen, stellte man doch die Entwicklungsrechner für das neue Betriebssystem und erhoffte sich, wie alle Hardwareproduzenten, durch die hohen Systemanforderungen einen signifikanten Anstieg der Absatzzahlen.

Kritik und Spott

Doch die Goldgräberstimmung flaute ein wenig ab, als zunehmend Berichte über Performance-Probleme durchsickerten und schließlich in Rubriken wie "Baustelle Vista" zum Tagesgeschäft der IT-Medien wurden. Der Ruf nach dem ersten Service-Pack ließ nicht lange auf sich warten und so wurde es auch gleich angekündigt. "Das Service Pack ist wichtig, da viele Anfangs schon sagten, 'wir warten gleich auf das Service Pack 1'", erinnert sich Lampl.

Und in seiner bekannt zurückhaltenden Art suchte auch noch der Langzeitkonkurrent aus Cuppertino die Gunst der Stunde zu nutzen und schoss sich in humoristisch aggressiven Werbespots ("I’m a mac, I’m a pc") auf die Behäbigkeit Windows und Vistas ein. In der Keynote des Apple-Chefs Steve Jobs zum eigenen viel umworbenen neuen Mac OS X 10.5 karikierte man schließlichh noch "Erzfeind" Steve Ballmer und Microsofts Preispolitik, während man ganz darauf vergaß, vor seiner eigenen Tür zu kehren - Stichwort: "Bau-stelle Leo-pard".

Vorsichtig im Nachhinein

Das Bollwerk Windows schien durch die neue Version angeschlagen und jetzt rief auch die Open-Source-Gemeinde mit Ubuntu zur Linux-Revolution auf. Schlimmer noch, die Hardwarepartner schalteten einen Gang zurück. Downgrade-Optionen auf XP wurden mit neuen Vista-Rechnern angeboten. Im Interview mit dem WebStandard beteuerte Dell-Österreich-Chef, sein Konzern habe schon gewusst, "dass bei einem neuen Software-Release vom Bill die Kunden nicht vor Freude aufspringen werden und zuschlagen". Ganz andere Worte, als noch ein Jahr zuvor vom Unternehmen zu hören waren.

"Wir nehmen das Feedback unserer Kunden sehr ernst", betont Lampl. "Wenn Dell das so sagt, gehen wir dem auch partnerschaftlich nach".

Licht und Schatten

Und jetzt, ein Jahr später, welche Auswirkungen hatte der Wow-Effekt? Ist die Vista-Story nun tatsächlich ein Drama oder hat sich der Erfolg trotz Unkenrufen eingestellt? "Natürlich sind nicht alle zufrieden. Viele stehen den Neuerungen noch skeptisch gegenüber", sagt der Microsoft-Produktmanager.

Bill Gates verlautbarte im Zuge seiner Abschiedstour auf der vergangenen Consumer Electronic Show (CES) stolz, sein Betriebssystem habe sich mittlerweile 100 Millionen Mal verkauft und sich somit zumindest bereits kommerziell als erfolgreich erwiesen.

Aber...

Wie berichtet, sind diese Angaben allerdings nur unter Vorbehalt zu betrachten. Einerseits wurde das Betriebssystem vorrangig im Paket mit Fertig-PCs ausgeliefert und gelang somit quasi zwangsweise zum Erfolg. Andererseits wurden im vergangenen Jahr rund 255 Millionen PCs verkauft. Weshalb nicht einmal die Hälfte aller neuen Rechner mit dem Betriebssystem ausgestattet wurde. Auch das Argument, Vista verkaufe sich im Vergleichszeitraum besser als Windows XP nach seiner Produkteinführung 2001 (89 Millionen Kopien), scheint nicht zu greifen. Denn inzwischen hat sich der PC-Markt verdoppelt, Vista ist im Gegensatz zu XP allerdings nur um 10 Prozent gewachsen.

Lampl hält dem entgegen, dass das OEM-Geschäft "natürlich recht bedeutend ist", aber die Zahl der einzeln verkauften Vista-Kopien sei ebenfalls "nicht verschwindend". Wie viele Konsumenten den bewussten Griff zur Vollversion tatsächlich gemacht haben, gibt Microsoft nicht Preis.

"In Summe gesehen hat sich Vista besser verkauft als XP", so Lampl. Aber auch im Verhältnis gesehen sei es "vergleichbar", da es zu einer 25-prozentigen Steigerung im Volumslizenzgeschäft gekommen sei, die in den Verkaufszahlen nicht aufscheint.

Sorgenkind oder Zugkraft?

Mit Volumslizenzen fällt unweigerlich die Frage nach den Unternehmen aufs Tableau. Im November zeigte eine Studie von King Research, dass vor allem Firmen Bedenken gegenüber einem Wechsel zu Vista haben. Auf die Frage nach dem Marktanteil Vistas im Unternehmensbereich hält Microsoft lediglich eine Forester-Studie entgegen. "Ein Drittel aller Unternehmen geben an, bis Mitte 2008 den Firmen-Rollout von Vista zu beginnen". Eine konkrete Zahl zur aktuellen Verbreitung gibt es auch auf wiederholte Nachfrage nicht. "Diese Zahl habe ich jetzt nicht parat", so Lampl.

Konkurrenz

Neben den Startschwierigkeiten im Unternehmensbereich gibt es auch zunehmend positive Zahlen von Seiten der Mitbewerber zu vernehmen. Sowohl Linux als auch Mac OS X haben vor allem in den USA an Marktanteilen zugelegt. Laut einer Web-Analyse von Net Applications Anfang Jänner hatte Apple seinen Marktanteil trotz oder gerade wegen Vista innerhalb von sechs Monaten bis Ende Dezember 2007 von 6,5 Prozent auf 8,01 Prozent vergrößern können. Gleichzeitig haben, laut den Analysten, Microsofts Systeme über das vergangene Jahr hinweg insgesamt zwei Prozent an Verbreitung eingebüßt.

"Wir schätzen Mitbewerber, da sie in Summe Innovation vorantreiben", sagt Lampl. Man beobachte die Entwicklungen genau, erwarte sich für das nächste Jahr allerdings "keine dramatischen Veränderungen". Von der Furcht vor der oft angekündigten Linux-Revolution ist zumindest aus den Worten des Microsoft-Österreich-Managers nichts zu vernehmen. "Linux und Mac spüren wir in Österreich kaum. Der größte Konkurrent für Vista bleibt XP ". (Zsolt Wilhelm)