Wien - Massive Kritik an der Regierung kam am Mittwoch von SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Andrea Kuntzl und dem Justizsprecher ihrer Partei, Hannes Jarolim. Die Regierung wolle die Meinungsfreiheit rückgängig machen und "alle Lebensbereiche mit Einschüchterung durchziehen", so Kuntzl in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Jarolim in Wien. Konkret griffen die beiden den Entwurf zur Novelle des Meldegesetzes, die Tätigkeit des Medienrichters Ernest Maurer, der von der FPÖ ins ORF-Kuratorium nominiert wurde, und Justizminister Dieter Böhmdorfer (F) an. Angriff auf die materielle Grundlage der Medienfreiheit Mit der Kürzung der Presseförderung um 20 Prozent, der Streichung der besonderen Presseförderung und den höheren Posttarifen starte die Regierung einen Angriff auf die materielle Grundlage der Medienfreiheit. Daneben gebe es "sehr dichte Angriffe auf die Meinungfreiheit": Zeitungen würden boykottiert, der ORF durch Interventionen unter Druck gesetzt, eine "kontrollierende Medienbehörde" eingesetzt und politische Konflikte vor Gericht ausgetragen. "Böhmdorfer-Strasser-Kurs der Einschüchterung" Den "Böhmdorfer-Strasser-Kurs der Einschüchterung" belegte die Bundesgeschäftsführerin mit Beispielen. Mit einer Novelle zum Meldegesetz hätten Freundeskreis und Vereinsmitgliedschaften abgefragt werden können. Das sei "ganz klar der Geist des Überwachungsstaates". Die Distanzierung von diesem Vorschlag durch einen Spitzenbeamten reicht der SPÖ nicht: Kuntzl forderte eine Entschuldigung von Innenminister Ernst Strasser (V). Rollenwechsel Weiters kritisierten die beiden SPÖ-Politiker, dass der Name von Justizminister Dieter Böhmdorfer (F) nach wie vor auf dem Briefpapier seiner ehemaligen Anwaltskanzlei aufscheine. Dieser setze die "Symbolkraft" seines Amtes für den wirtschaftlichen Erfolg der Kanzlei ein, kritisierte Kuntzl. Sie forderte den Minister auf, einen Rollenwechsel vom Anwalt der FPÖ hin zu einem des Rechtsstaates zu vollziehen. Klagsflut Künstler, Intellektuelle und Journalisten, die sich gegenüber der Regierung kritisch äußern, würden von der ehemaligen Böhmdorfer-Kanzlei mit "einer wahren Klagsflut" eingedeckt. Auf der einen Seite stehe die Kanzlei, die mit dem Justizminister im Zusammenhang stehe, auf der anderen ein Medienrichter, "der in derart hohem Ausmaß das Vertrauen der FPÖ genießt, dass sie ihn in das ORF-Kuratorium nominiert". Kuntzl und Jarolim forderten Maurer auf, freiwillig in einen anderen Senat zu wechseln. Der Mediensenat sei einer, der "sich mit Wertungsjurisprudenz auseinander setzt" und bei dem die politische Einstellung großen Einfluss habe. Österreichische Medienurteile entsprechen nicht dem Standard des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, kritisierte Jarolim. Vorgänge transparenter machen SP-Aufgabe sei es, die Vorgänge transparenter zu machen. In jüngster Vergangenheit gebe es 350 politische Prozesse, "wo Politik durch Einschüchterung gemacht werden soll". Unter anderem soll es auf der Website der SPÖ eine e-card geben: "Black & Blue is watching you". Daneben denkt Jarolim an eine Internetplattform, wo wechselseitige Informationen über neue Verfahren ausgetauscht werden können. Zur Arbeit im Justizausschuss meinte Jarolim: "Die Arbeit ist nicht so eine, wie ich sie mir wünschen würde." Im Unterschied zu früher, wo justizpolitische Debatten abgekoppelt von der Tagespolitik gelaufen seien, würden jetzt "Verlangen auf den Tisch geknallt und im Parlament durchgepeitscht". (APA)