Haustechniker Akrami hat immer ein wachsames Auge auf die BewohnerInnen des "globalen Hofs".

Foto: derStandard.at/ Julia Schilly

Die Dachgärten erinnern an Schrebergärten.

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Der Veranstaltungsraum ist 312 Quadratmeter groß und wird oft für Feste genutzt.

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Von der Waschküche aus können die Kinder beim Spielen beaufsichtigt werden.

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Ahmadschah Akrami scheint nichts so leicht aus der Ruhe zu bringen. "Ich vergleiche Integration immer mit einer Karawane in der Wüste, die sich zwar langsam in Bewegung gesetzt hat, aber nicht mehr aufzuhalten ist." Akrami wohnt und arbeitet seit knapp acht Jahren im Integrations-Wohnprojekt "globaler Hof" von Sozialbau AG. Bei einem Rundgang durch das Wohnhaus im 23. Bezirk erklärt Haustechniker Akrami, warum das Zusammenleben von ungefähr 350 Menschen aus 20 Nationen funktioniert.

Akrami kommt aus Afghanistan und ist eigentlich studierter technischer Chemiker. In der Anton Baumgartnerstraße 129 betreut er seit Eröffnung des "globalen Hofs" im Frühjahr 2000 die 141 Wohnungen und fungiert nach eigenen Angaben als Haustechniker, Beichtvater, Mediator und Sheriff. Ziel ist ein Anteil von 50 Prozent ÖsterreicherInnen und 50 Prozent MigrantInnen, der im Moment fast erreicht ist.

"Ghettobildung vermeiden"

Walter Weiland von Sozialbau AG, größter privater Hausverwalter in Österreich, erklärt, warum der Baugrund vis a vis des Wohnparks Alt Erlaa, in dem rund 10.000 Menschen leben, gewählt wurde: "Wir haben den Platz bewusst ausgesucht, da der 23. Bezirk den niedrigsten Anteil an AusländerInnen hat. Wir wollten eine Durchmischung erreichen und die so genannte 'Ghettobildung' vermeiden. Wenn die Leute nur unter sich sind, passiert keine Integration."

Zweifel der NachbarInnen ausgeräumt

"Zunächst war Angst und Skepsis gegenüber des Projekts da, aber wenn man Menschen eine Chance gibt, sieht man, dass es funktioniert", sagt Akrami. Bislang habe es weder große Probleme mit Schulen, noch mit der Polizei oder Nachbarn gegeben. "Rund fünf Prozent der Bewohner haben bis jetzt Ärger gemacht. Einmal hatten wir ein Problem mit einem Kampfhundbesitzer, manchmal gibt es Beschwerden über Lärm. Aber ich denke, das ist in jedem Wohnhaus so. Meistens sind sie bald wieder ausgezogen", berichtet Akrami. Wichtig sei, sofort über die Probleme zu reden. "Ich bin 24 Stunden telefonisch erreichbar", sagt Akrami.

Alltag im "globalen Hof"

Das Wohnhaus ist architektonisch so angelegt, dass es die Kommunikation erleichtert - inter-ethnische Nachbarschaft ist hier kein theoretisches Konzept, sondern Alltag. Die Dachwohnungen haben kleine Gärten, die eine Schrebergarten-Atmosphäre verbreiten. Herzstück ist die dicht frequentierte Waschküche. Zwei Frauen sind gerade dabei, ihre Wäsche in große Trommeln zu geben, sie grüßen Akrami und wechseln ein paar Worte. Hier scheinen sich alle zu kennen. Akrami ist der Meinung, dass die Waschküche prinzipiell eher unterschätzt wird, handle es sich doch um den Ort, wo alle Menschen zusammenkommen.

Durch große Glasfenster, die auf den begrünten Innenhof mit Spielplatz gerichtet sind, können die Eltern ihre Kinder beobachten, während sie ihre Hausarbeit erledigen. Zusätzlich gibt es einen überdachten Spielplatz, der ebenso von der Waschküche aus eingesehen werden kann. Der Spielplatz besitzt einen kleinen, künstlichen Wasserlauf, der mit Solarenergie läuft.

Zur Zeit ist es zu kalt und dunkel, der kleine Wasserlauf ist versiegt, die Kinder spielen drinnen. Wahrscheinlich läuft der Fernseher öfter als im Sommer. Die Auswahl an TV-Sendern ist groß: Durch den Empfang von Sendern wie Kurdistan TV, RTK Kosovo oder TV Albanien können sich die MigrantInnen über ihre Herkunftsländer informieren. Besonders im Winter ist auch der Wellness-Bereich mit Sauna, Dampfbad und Sitzbecken auf 209 Quadratmeter beliebt. Gegen den Vorwurf, dass Luxus auf Staatskosten finanziert wird, wehrt sich Weiland: "Alle Gemeinschaftseinrichtungen haben letztendlich nicht mehr gekostet, als vergleichbare andere Wohnhausanlagen. Wir haben durch gutes Planen und Einsparungsmaßnahmen alles aus dem Wohn-Projekt heraus finanziert, das voll den Förderungsrichtlinien entspricht." Weiland nennt ein Beispiel: "Anstatt eines teuren Stiegengeländers haben wir Lochblech verwendet, was genauso sicher ist, aber einen Bruchteil kostet."

Feste feiern

Der Dorfcharakter des "globalen Hofs" wird gerne bei Festen gepflegt. Es gibt einen 312 Quadratmeter großen und mehrere kleinere Veranstaltungsräume. Frau Toteva kommt aus Bulgarien und lebt seit 18 Jahren in Österreich. Sie hat ihre eigene Erklärung, warum es im "globalen Hof" mit dem Zusammenleben der Kulturen so gut funktioniert: "Das hat auch etwas mit dem Intelligenzquotienten zu tun, dass man nicht vor allem Fremden Angst hat." (Julia Schilly/derStandard.at, Jänner 2008)