Die Zahl verurteilter Jugendlicher hat den niedrigsten Wert seit 1989 erreicht. Der Anteil ausländischer Teenager daran bleibt hoch. Die SPÖ setzt auf mehr Prävention - Von Michael Möseneder

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Wien – "Fad" sei ihnen auf der Party gewesen, und "nichts zu tun" hätten sie gehabt – also schnappten sich drei 15-jährige Wiener Schüler Ende Juli 2007 Spraydosen und verunzierten Wände in einem Park mit Hakenkreuzen und fremdenfeindlichen Sprüchen. Einer Verurteilung entkam das Trio am Mittwoch im Wiener Straflandesgericht – statt eine Vorstrafe zu bekommen, müssen sie im Rahmen einer Diversion 60 Stunden Sozialarbeit leisten, so das nicht rechtskräftige Urteil.

Streit im Umgang mit Jugendkriminalität

Die immer häufiger genutzte Möglichkeit der Diversion ist wohl der Hauptgrund dafür, dass in der aktuellen gerichtlichen Kriminalstatistik der zweitniedrigste Wert an verurteilten Jugendlichen in der Geschichte der 2. Republik aufscheint. Exakt 2889 Jugendliche waren es, die im Jahre 2006 (aus dem die Zahlen jetzt vorliegen) "im Namen der Republik" eine Strafe ausfassten. Nur 1989 gab es noch weniger Verurteilungen.

Im zwischen SPÖ und ÖVP tobenden Politstreit um den richtigen Umgang mit Jugendkriminalität hilft das Datenmaterial allerdings nur bedingt – denn beide Seiten können daraus Unterstützung für ihre Positionen herauslesen.

Ministerquartett

Justizministerin Maria Berger (SP) nutzte am Mittwochmorgen bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den Partei- und Regierungskolleginnen Doris Bures, Claudia Schmied und Sozialminister Erwin Buchinger diese Chance dann gleich. Und verwies auf das Minus von 2,2 Prozent bei den Verurteilungen Jugendlicher von 2005 und 2006. Auch den deutlichen Rückgang um 23,6 Prozent bei verurteilten ausländischen Jugendlichen strich sie hervor.

Allerdings: Im Detail betrachtet kann auch die konservative Seite Argumente in der Statistik finden. So werden in ihrem Verhältnis zur Gesamtbevölkerung mehr als doppelt so viele ausländische Jugendliche verurteilt. Was auch damit zu tun hat, dass Diversion bei Ausländern seltener sind.

Trend zu mehr Gewalt

Auch ein Trend zu mehr Gewalt ist herauszulesen: Die Verurteilungen von Jugendlichen und Erwachsenen wegen Raubes sind seit 2000 überproportional stark gewachsen. Andererseits: In der Rangliste der von den Jugendlichen begangenen Delikten liegt Raub nur auf Platz fünf. Die meisten Verurteilungen gibt es wegen Diebstählen, knapp vor den Drogendelikten, auf Platz drei folgen Körperverletzungen.

Mehr Geld für Prävention

Das SP-Quartett plädierte in der eher kurzfristig angesetzten Pressekonferenz in Reaktion auf die Lagerideen der ÖVP in einem Zehn-Punkte-Katalog für mehr Prävention. So wünscht sich Unterrichtsministerin Schmied zum Beispiel Geld für 20 Prozent mehr Schulpsychologen und Sozialarbeiter gegen Gewalt an den Schulen. Justizministerin Berger wiederum sieht die Notwendigkeit für "mehr Fantasie bei den Sanktionen", etwa den verstärkten Einsatz von elektronischen Fußfesseln. (Michael Möseneder/DER STANDARD Printausgabe 24.1.2008)