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Wenn der Ball rollt, rollt das Geschäft. Wie viel davon für den Handel abspringt, ist fraglich. 40 Prozent der Einkaufszentren glauben laut einer WU-Studie, keinen Nutzen aus der EURO zu ziehen.

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Wiener Kaufleute legen sich bei den Vorbereitungen für die EM wenig ins Zeug, wie eine Studie der Wirtschaftsuniversität zeigt. Werbebudgets fehlen, mehr als ein Drittel der kleinen Händler will sich ihr überhaupt entziehen.

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Wien - "Dass besoffene Hooligans durch Wien ziehen und die Auslagen einschlagen - das wird's nicht geben, denn eine EM hat eine andere Klientel. Aber ebenso wenig werden konsumsüchtige Event-Touristen unsere Geschäfte leerkaufen." Peter Schnedlitz, Marketingexperte an der Wiener WU, kann den Vorurteilen des Handels gegenüber der EURO nichts abgewinnen. Er bedauert, dass sich viele Betriebe nur mäßig ins Zeug legen, um sich fürs Geschäft rund um den Fußball fit zu machen. Das belegt ei- ne neue Studie seiner Studenten.

Demnach sehen die meisten Wiener Kaufleute das Event zwar positiv. Werbebudgets seien oft aber nicht reserviert. Viele wollten sich mit dem Thema erst ab Mai befassen. Und einem Drittel der Händler sei sogar danach, ihre Läden zu dieser Zeit - etwas überspitzt formuliert - zuzunageln. Ein Großereignis sei nicht darauf ausgelegt, den Greißler ums Eck zu fördern. Wenig sinnvoll sei auch, als Juwelier in der Kärntner Straße mit der UEFA verhandeln zu wollen; das überlasse man lieber internationalen Konzernen, sagt Schnedlitz dem Standard. Für kleine Händler ließe sich die EURO aber gut nutzen, um ihre Stammkunden zu binden und Produkte zu kreieren, die einen Bezug zu Wien herstellen. Wenn die EURO dem Einzelhandel 2008 auch nur ein Prozent mehr Umsatz bringe, sei das bereits ein Erfolg.

Was die offenen Einkaufssonntage während der EM betrifft, ist die Begeisterung vieler Händler und Shoppingcenter-Betreiber endenwollend. Schnedlitz hält ihre Skepsis für teils taktisches Geplänkel. "Niemand will derzeit die Karten offenlegen." Letztlich werde aber wohl auch das Stadioncenter im Wiener Prater während der Spieltage sonntags aufsperren. "Treibende Kraft ist der Futterneid."

Schnedlitz plädiert dafür, "unverkrampft" an die Sonntagsöffnung heranzugehen. Nach dem Probelauf bei der EURO werde die Welt nicht zusammenbrechen, wenn der Handel auch im kommenden Advent an ein paar Sonntagen offen hielte, sagt er.

Die seit Jahresanfang geltende längere Ladenöffnung habe sich für die Unternehmen hingegen noch nicht rentiert, höre er. Vor allem das frühere Aufsperren komme bisher nicht so gut an. Es brauche eben Zeit, bis die neue Regelung angenommen werde: "Lebensgewohnheiten ändern sich nicht von heute auf morgen."

Das dominante Thema in der Lebensmittelbranche bleibt - neben Ladenöffnung und EURO - der Verkauf von Adeg und Zielpunkt. Schnedlitz bezweifelt, dass die Übernahme der Adeg durch den Rewe-Konzern bei den EU-Kartellbehörden ohne gröbere Auflagen durchgeht. Die aus seiner Sicht wichtigste sei der strikt getrennte Einkauf. Es bestehe aber die Gefahr, dass der Adeg-Zentrale die Zeit davon laufe, sagt er: "Ich hoffe nicht, dass die Kaufleute im Regen stehen gelassen werden." Fakt sei, dass die selbstständigen Adeg-Händler stets erfolgreich waren. Die Verluste seien dort entstanden, wo Edeka das Ruder übernommen habe.

Was den Verkauf der Zielpunkt-Kette anbelangt, sieht Schnedlitz trotz stockender Verhandlungen die besten Karten bei Spar. Dass die Labels Zielpunkt und Plus auf Dauer erhalten bleiben, glaubt er nicht. "Es gab zu viel Raubbau an der Marke." Klar sei auch, dass Spar aufgrund von Überschneidungen gut ein Drittel der Zielpunkt-Filialen auflassen müsse. Viele dieser Standorte seien zwar etwas verstaubt, doch für andere Handelsbranchen gut verwertbar. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.01.2008)