Liest man die Website, auf der Gülsen Bal die Aufgaben und Ziele ihres Kunstraums beschreibt, bestehen kaum Zweifel, dass man von ihr in Zukunft noch einiges hören wird: Neben Ausstellungen und einer Online-Publikation will sie Vorträge und Screenings organisieren und im Austausch mit anderen Kulturinitiativen die sich gerade vollziehenden Neuordnungen innerhalb der Räume Europas kritisch begleiten.
In der laufenden Präsentation sind Projekte zu sehen, die die Übergangsbedingungen auf mehreren Ebenen thematisieren: Nada Prlja hat mazedonische, serbische und rumänische Kinder beim Vorlesen der europäischen "Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten" aufgenommen, um die nach wie vor vorhandenen Grenzen und Ausschlüsse sichtbar zu machen, und in dem als Buch geplanten Projekt "Visiting Stalin" untersuchen Peter Mörtenböck und Helge Mooshammer die informellen Ökonomien, die zuletzt rund um das ehemalige Stalin-Stadion in Moskau entstanden sind.
In der Ausstellung sind Fotografien des Marktes zu sehen, der mittlerweile dreimal so groß wie der Kreml ist und Russlands Millionäre genauso versorgt wie Tausende von Migranten, die dort eine Beschäftigung suchen. Wären auf den Fotografien nicht die kyrillischen Zeichen, ließe sich der Markt aber mindestens genauso wenig verorten wie das Wohnhaus, das Ergin Cavusoglu in seiner Arbeit "Empire (after Andy Warhol)" einen Tag lang beobachtet hat. (cb / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.1.2008)