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Eingestürztes Dach der Bad Reichenhaller Eishalle

Foto: AP/ KERSTIN JOENSSON

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Eine provisorische Gedenkstätte für die Opfer des Eishalleneinsturzes in Bad Reichenhall gibt es schon, der Standort einer ständigen ist noch strittig

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Bad Reichenhall/Traunstein - Ermittlungsakten, die mehrere Schränke füllen, 150 vernommene Zeugen, 76 Seiten Anklageschrift: Am kommenden Montag beginnt in Traunstein der spektakulärste Prozess, den das Landgericht in der beschaulichen bayerischen Kleinstadt je erlebt hat. Drei Berufsrichter und zwei Schöffen der 2. Großen Strafkammer, dazu noch zwei Ergänzungsrichter für den Fall von Erkrankungen, müssen über die Schuldfrage hinsichtlich der Katastrophe von Bad Reichenhall entscheiden.

Fünfzehn Opfer

Durch den Einsturz der dortigen Eissporthalle starben vor zwei Jahren 15 Menschen, sechs wurden schwer verletzt. Nach tagelangem Schneefall war am Nachmittag des 2. Jänner 2006 das Hallendach in sich zusammengekracht, die Trümmer begruben ihre Opfer unter sich. Zwölf der 15 Getöteten waren Kinder.

Zwei Architekten und zwei Bauingenieure sind wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Den Männern im Alter zwischen 54 und 70 Jahren lastet die Staatsanwaltschaft Fehler und Mängel beim Bau beziehungsweise bei der Begutachtung der Eissporthalle aus den 70er-Jahren an. Neben zwei Staatsanwälten treten 15 Nebenkläger auf.

Fehlerhaft geplante Dachkonstruktion

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ergaben, dass Luftfeuchtigkeit und eindringendes Regenwasser die fehlerhaft geplante Dachkonstruktion aus Holz marode machten. Dadurch nahm die Festigkeit der Klebeverbindungen ständig ab. Der Anklage zufolge reduzierte sich dadurch die ohnehin zu geringe Tragfähigkeit immer weiter. Und noch ein Vorwurf: Die Schädigung des Dachs sei trotz einer Begutachtung im Jahr 2003 unbemerkt geblieben.

Bei vier Beteiligten, gegen die Strafanzeigen vorlagen, lehnte es die Staatsanwaltschaft ab, überhaupt Ermittlungen einzuleiten. Zu ihnen zählt der langjährige, inzwischen nicht mehr amtierende Reichenhaller Oberbürgermeister Wolfgang Heitmeier.

Stille Entschädigung

Die zivilrechtliche Entschädigung der Hinterbliebenen und Verletzten ist längst vollzogen. Über Summen der Einigung wird nicht offen gesprochen, doch gemäß dem, was durchsickerte, geizte die Bayerische Versicherungskammer nicht.

Gedenkstätte

Weniger harmonisch verläuft inzwischen die Suche nach dem richtigen Standort und der Gestalt einer Gedenkstätte, mit der an die Toten erinnert werden soll. "Es ist ein schwieriges Verfahren", heißt es im Rathaus. Die Familien der Opfer seien uneinig, ob die Gedenkstätte unmittelbar am Unfallort stehen oder weiter entfernt Platz finden soll. Die Stadt favorisiert die zweite Variante, schon deshalb, weil die künftige Bebauung des Geländes ungeklärt ist.

Die Reste der Eishalle und das benachbarte Hallenschwimmbad sind inzwischen abgerissen, von der Katastrophe zeugt derzeit nur ein großes Loch. (dpa/DER STANDARD Printausgabe 24.1.2008)