Der österreichische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer hatte am Freitagabend seinen ersten Auftritt beim Weltwirtschaftsforum in Davos und brach eine Lanze für das in Europa vorherrschende sozialstaatliche Modell. Seine These: Durch die stabileren Sozialstrukturen sei Europa besser gerüstet, mit Finanzkrisen umzugehen.

Gusenbauer schlug eine Finanztransaktionssteuer vor, mit der soziale Projekte finanziert werden könnten. Und just am Tag der Präsentation des Eurobarometers in Wien, das einmal mehr die vergleichsweise negative Einstellung der Österreicher zur Europäischen Union zeigt, forderte er dazu auf, gegen die EU-Skepsis aufzutreten.

Der SPÖ-Chef war Redner bei einer der sogenannten "Dinner Sessions" zum Thema "Europas Modell von Führung": Je ein Sprecher sitzt an einem Tisch und stellt in einem kurzen Vortrag seine Ansichten vor, dann wird darüber diskutiert und im Anschluss noch einmal die Diskussion zusammengefasst.

Premiere auch für Brown

Zu der Debatte im Hotel Cresta Sun in Davos kamen auch Gusenbauers Kollegen aus den Niederlanden und Dänemark, Jan Peter Balkenende und Anders Fogh Rasmussen. Die weiteren Teilnehmer: EU-Wirtschaftskommissar Joaquín Almunia, OECD-Funktionär John Evans, Oxford-Professor Timothy Garton Ash und mehrere Vertreter von Thinktanks. Auch für Gordon Brown war es eine Premiere in Davos: Während sich sein Vorgänger Tony Blair als Moderator in diversen Diskussionen in Davos betätigte, durfte der britische Premierminister als einer der wenigen eine sogenannte "Davoser Botschaft" aussenden.

Er tat dies mit Verve und kritisierte unter anderem die UNO. Angesichts der Krisen in Darfur und anderen Regionen und dem mangelnden Krisenmanagement etwa in Ruanda stelle sich die Frage der Glaubwürdigkeit. "Es kann nicht sein, dass es Jahre dauert, bis man aktiv wird. Wir müssen eine Weltorganisation haben, die mit den Herausforderungen zurecht kommt. Wir müssen jetzt anders reagieren als vor vierzig Jahren." Brown kritisierte, nur wenige Staaten hielten ihr Millenniumziel zur Förderung der Entwicklungsländer ein. (Alexandra Föderl-Schmid aus Davos, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26./27.1.2008)