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In den europäischen Stadien hat ein gewisses Umdenken stattgefunden, das liegt auch an regelmäßigen Aktionen.

Foto: Starke/Getty
Innsbruck - "Ja, es gibt gewaltsuchende Fans", sagt Bella Bello Bitugu. "Aber sie sind bei weitem die Minderheit." Fußball sei eben eine Plattform für unterschiedliche Botschaften und auch ein Spiegelbild der Gesellschaft. "Die Anonymität von Fans erleichtert leider Gewalttätigkeit", meint der Fanbotschaftsleiter von Innsbruck bei der EURO 2008. Aber "ein repressiver Umgang" der Exekutive laufe Gefahr, dieses Gewaltpotenzial eher zu fördern als zu begrenzen. Der 44-jährige Ghanaer, ein Musiker und Uni-Lektor, lebt seit 15 Jahren in Tirol. Er war der erste schwarze Schiedsrichter Österreichs, bei der WM 2006 in Deutschland betreute er die Fans von Ghana. "Wir hoffen, die Exekutive redet mit uns. Wir suchen den Kontakt. Denn die meisten wollen Freude haben, ein internationales Fest feiern."

Mit den Fanbotschaften in den EM-Städten, die in Österreich von der Initiative FairPlay in Kooperation mit den Host Cities organisiert und betreut werden, wird auf die Anhänger zugegangen. Die stationären Fancamps und mobilen Serviceeinrichtungen, die vor allem mit ehrenamtlichen Betreuern besetzt sein werden, richten sich vor allem an anreisende Jugendliche, die mit wenig Geld Unterkunft, Treffpunkte und Infos suchen. Fans mit offenen Armen empfangen, möglichst zentrumsnahe, ist das Ziel. Denn Versuche, Fanströme von den Zentren fernzuhalten, würden eher eine feindselige, gereizte Stimmung fördern.

Als Gewaltprävention sieht Bella Bello Bitugu - Mitbegründer von FARE (Football Against Racism in Europe) - auch und vor allem die interkulturelle, antirassistische Fanarbeit bei der EURO. "Dass ich als Afrikaner die Fanbotschaften in Innsbruck leite, ist schon ein Statement." Es ist indirekt auch ein Antistatement zum wenig freiwilligen Abschied eines Schiedsrichters: "Ich habe sieben Jahre lang gern in der ersten und zweiten Klasse gepfiffen, aber es war dann nicht mehr möglich." Der Vizeobmann des Tiroler Schiri-Verbandes hatte einen schwarzen Spieler "Kohlensack" genannt, Bitugu legte umgehend seine Pfeife nieder.

Während der EURO wird der Afrotiroler Streetkicks leiten und im Stadion mit anderen FairPlay-Leuten den Blick vom Rasen abwenden: um Übergriffe und rassistische Vorfälle zu notieren.

Bei seiner interkulturellen Fanarbeit denkt Bitugu auch ganz praktisch: "Wir müssen versuchen, die Gastwirte zu überzeugen, dass sie bei den Spanien-Spielen in Innsbruck länger offenhalten. Stellen sie sich vor, es gibt um Mitternacht nichts mehr zu essen. Und stellen sie sich vor, Spanien hat verloren - was dann los ist in einer relativ kleinen Stadt."

Politischer ist der Einbezug der Fans von Wacker Innsbruck: Sie sollen Auswärtigen ihre interkulturellen Initiativen präsentieren - und die Gründe ihrer Ablehnung der EURO: "Die fragen sich zu Recht: ,Was bleibt davon übrig für uns?'" (Benedikt Sauer, DER STANDARD Printausgabe 29. Jänner 2008)