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"Ich predige das seit 20 oder 25 Jahren..."

Foto: APA/Gindl

Wien - Für die österreichische Verklärung des 3:2-Sieges bei der WM 1978 gegen Deutschland hat Paul Breitner schon lange bestenfalls ein Kopfschütteln übrig. "Ich predige das seit 20 oder 25 Jahren: Cordoba war der Sargnagel des österreichischen Fußballs", betonte der deutsche Weltmeister von 1974.

Der Erfolg über die DFB-Auswahl habe damals nicht nur den Fans, sondern auch so manchem Funktionär den Blick getrübt, nötige Reformen oder Weiterentwicklungen seien nicht in Angriff genommen worden. "Viel zu viele in Österreich haben mit dem Abpfiff in Cordoba geglaubt: Wir sind jetzt Weltmeister und bleiben es für alle Zeiten", kritisierte der mittlerweile 56-Jährige.

Erst in der jüngeren Vergangenheit habe man in der Alpenrepublik die Zeichen der Zeit erkannt. "Es gibt jetzt sehr positive Ansätze, wo ich sage, hoppla, da kommt noch was", meinte der Berater des Vorstandes des FC Bayern München mit Blick auf die rot-weiß-rote Nachwuchsarbeit. "In diesem Bereich ist in Österreich viel passiert. Es ist ein Wandel zu spüren in der Hinsicht, wie die Jugendlichen ausgebildet werden."

Der frühere DFB-Teamspieler warnte aber vor verfrühten Hoffnungen. "Man darf nicht kurzfristig, sondern muss mittelfristig denken. Wenn die Zukunft des österreichischen Fußballs davon abhängen sollte, dass Österreich Europameister wird, wäre alles, was zuletzt geschehen ist, umsonst. Die EM muss auch als Lernprozess gesehen werden", forderte Breitner.

Trotz der aktuellen Misere des ÖFB-Teams hält es der mit dem Image als "Querkopf" behaftete Deutsche durchaus für möglich, dass Österreich wieder an jenen Stellenwert im Welt-Fußball wie in den 1970er- oder sogar in den 1950er-Jahren herankommt. "Diese Hoffnung ist berechtigt und muss auch da sein, sonst bräuchte man in Österreich ja nicht mehr Fußball zu spielen. Aber dazu braucht es Geduld, Geduld und nochmals Geduld."

Dem Duell zwischen Österreich und Deutschland am Mittwoch misst Breitner, der zum Match nach Wien reist, keinerlei Bedeutung bei. "Natürlich hat so ein Spiel eine gewisse Note, aber Aussagekraft im Hinblick auf die EURO hat es keine. Die Österreicher sind noch mitten in der Vorbereitung und wir haben in Deutschland auch erst eine Runde gespielt."

Breitner schoss im Rahmen der Heim-WM 1974 beim 2:1-Finalsieg der Deutschen gegen die Niederlande per Elfmeter den Treffer zum zwischenzeitlichen 1:1 und traf auch bei der 1:3-Niederlage der DFB-Elf im WM-Endspiel 1982 gegen Italien, womit er der einzige deutsche Spieler ist, der in zwei WM-Finali ein Tor erzielte. Die "Schmach von Cordoba" blieb ihm erspart, weil er bereits 1975 aus dem Nationalteam zurückgetreten war und erst im April 1981 wieder zurückkehrte - beim 2:0 in Hamburg in der WM-Qualifikation gegen Österreich.(APA)